|
Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
Eine der Einstiegsaufgaben war, sich zurück zu träumen in die Anfangszeit der Beziehung. Die Träume von damals wachzurufen, die Gefühle nach langer Zeit wieder zu spüren, sich an die Hoffnungen von damals zu erinnern, so lauteten die Vorgaben der Berater. Und tatsächlich, da kamen auch bei mir längst vergessene Situationen ins Bewusstsein, ich fühlte den Abschiedsschmerz noch einmal, wenn wir uns wieder für lange Wochen auf dem Bahnsteig in Karlsruhe verabschieden mussten. Die Berater sagten uns hinterher, diese Übung wäre sehr wichtig. Die Besinnung auf die erste Liebe in einer Beziehung gibt Kraft für die anstehenden Aufgaben, Probleme scheinen viel leichter lösbar, wenn wir uns an das emotionale Band erinnern, das uns zusammengebracht hatte. Viele von uns kennen diesen Zustand der ersten Liebe, wenn man auf jedes mit Schnee bedeckte Auto den Namen des Liebsten auf die Frontscheibe schreiben will, wenn der Himmel voller Geigen hängt und sogar auf dem Zahnarztstuhl das glückliche Lächeln nicht aus dem Gesicht weicht. Es ist ein Gefühl von Schwerelosigkeit, geliebt, gewollt und getragen. Die Liebe zwischen zwei Menschen ist vielleicht das letzte Überbleibsel des Paradieses. Sie ist das Spiegelbild der Liebe Gottes zu den Menschen, natürlich nicht in körperlicher Hinsicht, aber in den Auswirkungen, der Hingabe aneinander und dem Glück, beieinander und füreinander da zu sein. So gibt es auch eine erste Liebe in der Beziehung zu Gott. Wenn jemand zum ersten Mal intensiv berührt wird von Gottes Gegenwart, wenn er Jesu Hand auf seiner Seele spürt, wenn sie im Gebet erlebt, dass Jesus mit ihr redet, wird sie oder er überwältigt sein von Gottes Gegenwart, seinem Ja und seiner bedingungslosen Nähe. Ich habe das auch selbst erlebt, besonders eindrücklich war diese erste Berührung Gottes sichtbar bei jungen Menschen, die nicht von Kind an mit dem Glauben an Jesus vertraut waren. Wie eine Knospe, die sich im Zeitraffer zur Blüte öffnet, so reifte die Beziehung zu Gott heran. Erst war es der Kontakt zu anderen Jugendlichen im Jugendkreis, dann das intensivere Beschäftigen mit biblischen Inhalten, das Singen und die Verbindung der Alltagsthemen mit Gott. Und irgendwann geschah der Schritt über die Schwelle. Da war es nicht mehr „euer“ Glaube an Jesus, sondern „mein“ Glaube an Jesus. Da öffnete sich der Himmel und Gebet wurde zum Gespräch mit Jesus. Sie waren dann die im Jugendkreis, die am engagiertesten andere einluden. Sie waren am liebsten Tag und Nacht in der Kirche und kein Job war zu viel – man fand sie sogar in der Gemeindeküche beim Kaffee Kochen. Und bei Einzelnen sind irgendwann die Eltern mitgekommen – angesteckt von der ersten Liebe ihrer Kinder. Doch nicht jede und jeder lernt erst später Jesus kennen und kann diese Schwelle genau bestimmen, wann er oder sie das erste Mal gesagt hat: „Jesus, ich vertraue dir!“ Bei ihnen ist es vielleicht mehr wie bei einer „Sandkastenliebe“, der Glaube an Jesus ist so selbstverständliche Grundlage des Lebens von Kindheit an gewesen, dass eine bewusste Schwelle zum eigenen Glauben nicht erkennbar ist. Und doch, auch wenn alles sich ganz organisch entwickelt hat, wird es diesen vielleicht längeren Übergang gegeben haben, wo aus dem von zuhause Gelernten das eigene Glauben geworden ist, das Bekenntnis: „Ich glaube an Jesus Christus“. Aus der ersten Liebe oder der allmählich gewachsenen ersten Liebe folgen Verhaltensweisen. Wie in der zwischenmenschlichen Liebesbeziehung besteht der Wunsch, Zeit miteinander zu verbringen, Gott immer besser kennenzulernen und mit ihm gemeinsam Projekte im Leben anzugreifen. Aus der ersten Liebe entwickelt sich dauerhafte Liebe, verlässliches Bewusstsein, dass Gott mitgeht und auch dabei ist, wenn ich mich anderen und anderem zuwende. Die Offenbarung des Johannes ist in schweren Zeiten geschrieben worden. Der Glaube an Jesus wurde durch die feindliche Umgebung auf die Probe gestellt. Der Blick des Sehers Johannes richtete sich wie durch ein Kaleidoskop auf die Gegenwart und die Zukunft. Er sah Bilder, die Gegenwart und Zukunft beschrieben, für uns heute nur schwer verständlich, für die Leser damals wohl viel leichter zu entziffern. In allem, was der Seher als bedrohlich wahrnahm, zeigte sich ihm, dass Jesus seine Gemeinde, die konkreten Gemeinden in Kleinasien, nicht alleinließ. In allem Durcheinander und Leid war er da und richtete den Blick der Gläubigen auf Gottes Möglichkeiten und seinen Willen zum Heil. Die Offenbarung beginnt der Seher mit einem konkreten Appell an sieben Gemeinden in Kleinasien, der heutigen Türkei. Sie standen wohl stellvertretend für andere Gemeindesituationen und helfen uns bis heute, die Mahnungen des Sehers in unsere Zeit zu übersetzen. Offenbarung 2,1-5
Die Gemeinde in Ephesus hatte fast alles richtig gemacht. Sie entlarvte falsche Wanderapostel, sie feierte Gottesdienste und managte das Gemeindeleben auch mit wenigen Leuten, sie lebte mit Diskriminierung und Anfeindungen. Das große Aber richtete sich dann allerdings gegen ihr Verlassen der ersten Liebe. Wir wissen nicht, wie sich dieser Verlust in Ephesus konkret zeigte. Kamen sie alle missmutig zum Gottesdienst? Spulten sie ihr Programm ohne Inhalt ab? Hatte schon lange keiner mehr von einer konkreten Gotteserfahrung erzählt? Vielleicht waren es damals ganz ähnliche Symptome wie heute. Jemand beschrieb seine eigene Erfahrung so: Jahrelang war er überzeugter Christ, lebte in einer Gemeinde, engagierte sich da. Doch er fühlte sich wie sein Auto, wenn die Tankanzeige deutlich im roten Bereich ist. Sein Glaubensmotor kam ins Stottern, weit und breit keine Tankstelle und die Aussicht, bald am Rand liegenzubleiben. Er war müde, von seinen Aufgaben in der Gemeinde gestresst, unlustig und unmotiviert, alles war ihm zu viel, selbst die Weggefährten, die eigentlich seine besten Freunde waren. Hoffentlich sind nicht viele in seiner Lage mit roter Tankanzeige, doch hilft es, sich ab und zu selbstkritisch zu fragen:
Was uns hilft
Der hölzerne Rahmen steht für unsere Beziehung zu Gott. Wir brauchen immer wieder ein Innehalten im Alltag unseres Lebens, ein Luftholen, bevor wir uns aufs tägliche Spielfeld begeben. Wir brauchen den Blick nach oben und die offenen Ohren für Jesu Fingerzeige, für seine weiße Kugel, die uns nicht chaotisch übers Feld schicken will, sondern zielgerichtet zu der Aufgabe, die er heute für uns sieht. Wie kann die Sammlung aussehen? Vielleicht hilft ein kleines geistliches Ritual am Morgen. Der Wecker klingelt fünf Minuten vor unserer Aufstehzeit. Das Andachtsbuch liegt an einem Ort, der uns morgens in die Augen fällt, wo wir auf jeden Fall hinschauen. Daneben steht ein Stuhl, der uns zum kurzen Gespräch mit Jesus einlädt – fünf Minuten – damit könnte man anfangen, und wenn es zur Gewohnheit wird, können daraus auch längere Zeiten werden. Wer nach langer Zeit wieder mit Sport anfängt, wird sich auch nicht zum Marathon anmelden, sondern erst mal regelmäßig eine Runde um den Block laufen. Fünf Minuten Morgenritual sind ein Einstieg, um die Kraft Gottes aufzunehmen, die uns den ganzen Tag tragen wird.
Wer einen leeren Glaubens-Tank hat, braucht Hilfe. Einen, der anhält und mit freundlichem Gesicht fragt, kann ich dir helfen? Eine, die weiß, wo die nächste Tankstelle ist. Einen, der Mut zuspricht: Du musst hier nicht ewig stehenbleiben, Gott will mit dir weitergehen. Die Hausaufgabe, die der Seher der Offenbarung uns heute mitgibt, ist unter anderem, nach einer solchen Person Ausschau zu halten, möglichst noch, bevor der Tank leer ist. Einen Wegbegleiter, der den Glauben fördert, der die Leidenschaft für Jesus teilt, der für mich betet, der mir hilft, meinen Glauben in Taten umzusetzen. Wer kann das sein? Manche wird sage, das ist mein Ehepartner. Aber oft sitzen die beiden ja in einem Glaubensauto und bleiben dann auch miteinander liegen. Gut, wenn wir darüber hinaus noch Freunde finden, die uns im Glauben unterstützen.
Was ist unser großer Stein? Der Alltag mit Hausarbeiten, Arbeit, Schule, Putzen, Kochen, Waschen oder unsere Zeit mit Jesus? Wie wir die Steine unserer Woche gewichten, wird entscheiden, wie viel Einfluss Jesus auf unser Leben hat. Die erste Liebe ist immer etwas Besonderes. Sie verändert sich, wird stärker, inniger, vertrauensvoller, nicht mehr so schmetterlingshaft, aber sie sollte warm bleiben, nicht abkühlen. Zurück zu dieser warmen Liebe können wir kommen, wenn wir diese wenigen Hilfestellungen beachten: Orientierung, Beziehungen und Prioritäten. Unser Herz wird verwandelt, die Signale des Himmels werden bei uns ankommen und die Leidenschaft für Jesus wird wachsen. Dann können wir mit vollem Tank zu den Orten fahren, die Jesus für uns ausgesucht hat, zum Aufatmen, aber auch für neue Investitionen und Erfahrungen mit ihm. Cornelia
Trick
|