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Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
Die Lagazuoi- Hütte ist für mich Urtyp einer Herberge geworden. Hier fand ich herzliche Aufnahme. Hier wurde ich die nassen Klamotten los. Hier durfte ich neue Kräfte für den nächsten Tag sammeln und mir Tipps holen, wie ich meine Wanderroute fortsetzen konnte. Advent hat etwas mit einer Herberge zu tun. Wir sind auf unseren Wegen. Nicht immer stehen wir vor reißenden Bächen im Regen. Doch manches Hindernis blockiert uns, lässt uns müde werden, lässt uns Kraft verlieren. Und da wird uns eine Zeit im Jahr angeboten, in der wir einkehren können, in der wir eine Herberge finden. Heute am 2. Advent sind wir eingeladen, auf Gottes Wort zu hören, das uns Herberge sein will. Paulus schrieb der Gemeinde in Thessalonich einen Brief. Er ermutigte die Gemeinde, im Glauben fest zu bleiben, das Angefangene weiter auszubauen und auch im Alltag ihr Christsein zu leben. Doch Paulus wies vor allem immer wieder darauf hin, dass Gott in Jesus Christus die Herberge ist, die Kraft für das Leben als Christ gibt. So schließt er auch seinen Brief mit einem Gebet, in dem das zum Ausdruck kommt: 1. Thessalonicher 5,23-24 Die Herberge von der Paulus schreibt, hat den Namen "Gott ist treu" und da in der Kürze die Würze liegt, heißt sie einfach "Gottestreu", nicht zufällig auch der Name unseres Gemeindezentrums in Neuenhain. Doch wie bei jeder Herberge, reicht der Name nicht, damit jemand vorbeikommt. Unterstützende Maßnahmen sind nötig. So wird gleich am Eingang der Service der Herberge genannt, eben was das Haus alles zu bieten hat. Allerdings steht nicht Hallenbad, Whirlpool oder Billard auf der Werbetafel, sondern drei Angebote:
Du wirst beschenkt Wie viel Unfriede entsteht aus der Angst, den Anforderungen nicht zu genügen. Da kämpft man ums Überleben, versucht, Konkurrenten aus dem Feld zu schlagen, zweifelt an sich selbst. Gott schließt Frieden, er sagt Ja, unsere Angst muss uns nicht mehr zum Krieg führen. Wie viel Unfriede entsteht durch Schuld. Statt Schuld beim Namen zu nennen, verdrängen wir sie, nehmen sie mit in unsere Träume und unser Unterbewusstes und halten sie anderen unter die Nase. Gott vergibt. Jesus hat diese Schuld auf sich genommen. Sie ist an seinem Kreuz besiegt worden. Unsere Schuld muss uns nicht mehr nachhängen. Wie viel Unfriede entsteht durch Selbstverteidigung. Da will ich meine Schwachstellen verbergen und baue hohe Zäune um mich. Ich zeige mit den Fingern auf andere, um von mir selbst abzulenken. Gott kennt unsere Schwachstellen. Er will uns helfen, an ihnen zu arbeiten. Sie sollen nicht länger zu unserem Untergang führen. Dieses Geschenk, dass Jesus Christus für unser Leben ist, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Jesus befreit uns vor Heuchelei, Rollenzwang und Selbsttäuschung. Er lädt uns ein, in der Herberge ehrlich zu sein, unsere Verkleidungen abzulegen, einen Blick in den Spiegel unseres wahren Selbst zu riskieren. Denn da werden wir nicht nur uns sehen, sondern ihn an unserer Seite, der uns festhält und ermutigt. Der Friede Gottes wird uns geschenkt, aber er ist auch immer wieder bedroht. Streit, innerer Aufruhr, Gleichgültigkeit rücken Jesus Christus aus dem Zentrum. Der Alltag ruft so laut, dass wir die Herberge schon bald verlassen und atemlos den Tagesgeschäften nachjagen. Viel zu früh haben wir uns den Mantel wieder übergezogen und sind aus Gottes Einflussbereich fortgelaufen. Wie gut, wenn da andere sind, die uns zurückrufen. Manchmal schaffen wir das nicht allein, die Herberge aufzusuchen, dort aufzutanken, uns beschenken zu lassen. Dann brauchen wir ein oder zwei gute Freunde, die uns mitnehmen, die bei uns bleiben, die uns gut zureden. Dann brauchen wir ihre Erfahrung, dass der Friede zwischen Gott und uns wirklich einen Unterschied macht und die Dinge wieder zurecht rückt und ins Lot bringt. Wir werden befähigt Das hört sich jetzt fast so an wie ein Mitarbeiterseminar. Befähigung, mit anderen über Gott zu reden, Befähigung, als Christ im Beruf zu leben, Befähigung, mit schwierigen Eltern oder Kindern auszukommen ... Doch was hier eigentlich gemeint ist: Wir werden befähigt, als Gottes Kinder in seinem Auftrag unterwegs zu sein. Denn Gott möchte nicht nur die Verhältnisse mit uns klären und uns Frieden stiften. Er möchte uns auch dazu bringen, mit ihm zusammen zu arbeiten, zu seinem Wirken unseren Beitrag zu leisten. Und so wie er ganz und gar heilig ist, das heißt, die Quelle des Heils und der Heilung ist, so möchte er, dass wir Heil und Heilung in diese Welt tragen. Es geht dabei nicht zuerst um einzelne Aufgaben, also Mitarbeiterseminare zu verschiedenen Schwerpunktthemen. Es geht um unser ganzes Leben. Bleiben wir Friedens- Konsumenten oder lassen wir uns zur Mitarbeit gewinnen? Vertrauen wir unserem Herrn, dass er alles tun wird, um uns den passenden Arbeitsplatz einzurichten und uns dafür auszubilden? Vertrauen wir ihm auch soweit, dass er uns für die Aufgabe seine Kraft geben wird? Paulus spricht in seinem Gebet davon, dass wir vollendet werden als Gottes heiliges Volk. Offensichtlich ist das Friedensgeschenk erst der Anfang. Aus dem Geschenk wächst die Befähigung, sein Heil weiterzutragen. Wie das geschieht, ist umfassend ausgedrückt mit den Stichworten Dankbarkeit und Liebe. Vielleicht finden wir für uns viel leichter den Zugang zu unseren von Gott geschenkten Fähigkeiten, wenn wir nicht auf die Aktionen starren, die wir gerne anzetteln würden, sondern zuerst danken, dass Gott etwas mit uns anfangen kann. Und daraus entwickelt sich die Sehnsucht nach einer Aufgabe, die Sehnsucht, Liebe zu leben - nicht nur zu Weihnachten, das brennende Herz für die Sache, die der Herr für uns ausgesucht hat. Denn er hat sie für jeden und jede von uns ausgesucht. Gerade an dieser Stelle decken sich Theorie und Praxis oft nicht. Da hat man eher den Eindruck, in der Herberge hängt eine Pinnwand mit der Überschrift: "Wir suchen... Mitarbeiter in der Kinderarbeit, Mitarbeiter in der ... Arbeit, Kuchenbäcker und Geschirrspüler, Gartenarbeiterinnen und Leute für den nächsten Straßeneinsatz." Und wer an diesem Pinn- Brett vorbei kommt, dem schlägt schon das schlechte Gewissen, sich schon wieder nicht in die Listen A bis Z eingetragen zu haben. Sollte das die geschenkte Befähigung sein? Nein, sie ist es nicht, denn bei Gott ist das eigentlich genau umgekehrt. Nicht wir stopfen mehr oder minder erfolgreich die Lücken, sondern er baut Gemeinde mit unseren Gaben und Fähigkeiten. Ich höre aus dem Gebet des Paulus eine andere Reihenfolge: "Jesus Christus ist unser Friede - er zieht uns hinein in seinen Frieden, er hat einen Plan für die Gemeinde, er sorgt für die Verwirklichung seines Plans, indem er die entsprechenden Leute befähigt und beruft." Lassen wir es zu, dass er uns neu befähigt? Lassen wir uns von ihm den Platz zuweisen? Helfen wir einander, auf seine Platzanweisung zu achten? Richten wir unsere Gemeindearbeit nach seinem Willen und Plan? Wir werden bewahrt Auf dem Weg allerdings lauern Gefahren. Unsere Selbstgenügsamkeit, manchmal auch Faulheit, unser Neid auf andere, die es scheinbar besser haben, unsere Überforderung, auch manche Anfeindung machen uns das Leben schwer. Manche Gefahren lassen uns reifen, geben Tiefgang, wenn wir bei der Bewältigung Gottes Hilfe erleben. Manche Gefahren können unseren Glauben ankratzen. Wir brauchen Bewahrung, tatkräftige Hilfe unseres Herrn, um auf dem Weg zur Hochzeit zu bleiben. Es nutzt nichts, sich in der Herberge Frieden schenken zu lassen und sich befähigen zu lassen, wenn alles gleich beim ersten Kilometer auf dem Wanderweg verpufft ist. Deshalb bietet uns der Herr Bewahrung an. Sie kann praktisch so aussehen. Wie wir in der Herberge nicht die einzigen Gäste sind, sondern in eine Gemeinschaft von Wanderern aufgenommen sind, so werden wir auch nicht allein wieder auf den Weg geschickt. Da stellt uns Jesus andere zur Seite, die für uns beten, die für uns danken, die ein offenes Ohr und Herz für uns haben. Bewahrung geschieht auch in vielen Momenten unseres Alltags, in denen wir spüren, da hatte er seine Hand im Spiel. Das hätte auch ganz schief gehen können. Da hat er sich uns gezeigt. Und die Bewahrung geschieht nicht zuletzt durch die ruhigen Minuten am Tag. Wenn wir uns die Zeit nehmen, in der Bibel zu lesen, ein Lied vor uns hinsummen, ein Gebet im Auto oder am Herd sprechen, dann möchte er uns neu ausstatten mit Kraft, Phantasie und Liebe. Dann möchte er uns zusprechen, dass nichts uns von ihm trennen kann und er wirklich auf unserer Seite steht. Dann möchte er wieder und wieder die Steine aus dem Weg räumen, die uns am Fortkommen hindern. Ohne seine Bewahrung können wir nicht leben. Wir bleiben auf ihn angewiesen. Gott ist treu Jesus, zu dir kann ich so kommen, wie ich bin.
Jesus, bei dir darf ich mich geben, wie ich bin.
Jesus, bei dir muss ich nicht bleiben, wie ich
bin.
Cornelia
Trick
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