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Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
Wie eine Patchwork- Decke, Heute möchte ich mich mit Ihnen einer Jesusbegegnung nähern, bei der Sie vielleicht im Stillen sagen: "Na, die kenne ich schon, was soll die mir Neues sagen?" Doch wie bei der Patchwork- Decke entfaltet sich vor uns eine Tiefendimension, die wirklich Neues in unser Leben und unseren Alltag bringen kann. Der Begegnung voraus ging die Auseinandersetzung Jesu mit den Leuten um ihn herum. Da war auf der einen Seite ein begeistertes Volk, das ihm nachlief und Wunder sehen wollte. Auf der anderen Seite formierten sich die Oberen der Gesellschaft, die in ihm eine Bedrohung ihrer Pfründe sahen, ja ihn für einen Gotteslästerer hielten. So sagten die Leute von Jesus: "Noch nie hat ein Mensch so geredet wie dieser" und die Einflussreichen konterten: "Glaubt denn einer von den Oberen oder Pharisäern an ihn? Nur das Volk tut´s, das nichts vom Gesetz weiß". Zwischen diesen Polen stand Jesus. Sein Fürsprecher unter den Mächtigen war Nikodemus, ein Pharisäer, der heimlich viel von Jesus hielt. Er rief die Pharisäer zur Vernunft und erinnerte sie an die Gesetzeslage, dass ein Verhör vor der Verurteilung stattfinden musste. In diesem Umfeld nutzten die Einflussreichen des Volkes die Gelegenheit und führten eine Situation herbei, in der sie Jesu wahre Gesinnung prüfen wollten: Johannes 8,2-11 Aber Jesus bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie nun fortfuhren, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie. Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde. Als sie aber das hörten, gingen sie weg, einer nach dem andern, die Ältesten zuerst; und Jesus blieb allein mit der Frau, die in der Mitte stand. Jesus aber richtete sich auf und fragte sie: Wo sind sie, Frau? Hat dich niemand verdammt? Sie antwortete: Niemand, Herr. Und Jesus sprach: So verdamme ich dich auch nicht; geh hin und sündige hinfort nicht mehr. Diese Begegnung sollte ein Verhör für Jesus werden. Es drängen sich verschiedene Aspekte auf:
Wieder malte Jesus im Sand. Betete er für die Leute, dass sie hören und verstehen? Das Wort Gottes wirkte allein, Jesus musste es nicht groß erklären, die Mächtigen mit bösen Blicken anfunkeln oder sie zu überzeugen versuchen. Jesus malte im Sand, er ließ den Vater an den Herzen der Menschen wirken, er nahm sich selbst zurück. Seine Worte zeigten Wirkung. Die Szene veränderte sich dramatisch. Die Richter gingen weg und ließen ihre Steine zurück. Sie sind ertappt worden. Für uns hat dieser Umschwung noch tiefere Bedeutung. Für die Sünde, die Trennung von Gott, stirbt Jesus am Kreuz. Damit hat alle eigenmächtige Justiz im Namen Gottes ein Ende. Er nimmt die Tode der Sünder stellvertretend auf sich und spricht sie von der Trennung frei, holt sie zurück ins Leben, in ein Leben mit Gottvertrauen. Die Frau war jetzt mit Jesus allein. Auch sie war wie die Männer mit ihren Steinen Sünderin. Jesus beschönigte ihren Ehebruch nicht. Er sagte nicht, dass alles halb so wild sei und irgendwie schon wieder in Ordnung komme. Er änderte nicht die Moral. Aber Jesus sprach diese Frau frei: "Geh hin und sündige hinfort nicht mehr!" Jesus gab der Frau eine neue Chance. Ihr ist vergeben worden und sie konnte neu anfangen. Sie brauchte nicht mehr dem Liebhaber nachrennen, sie konnte nun Jesus nachfolgen. Er gab ihr Erfüllung, er erkannte den Wert der Frau, er wollte ihr Vertrauen. Wie wird es weitergegangen sein? Eine spannende Frage. Schließlich ist die Frau außerhalb ihrer Familie und ihres gesellschaftlichen Umfelds gelandet. Es gab dort keinen Anknüpfungspunkt mehr für sie. Ihre neue Welt mag die Gemeinschaft der Jüngerinnen und Jünger Jesu geworden sein, ihre neue Familie dann nach Jesu Auferstehung die Gemeinde. Hier waren die Leute zusammen, die von Jesus einen Neuanfang geschenkt bekamen, sie konnten die Frau aufnehmen, sie wussten, wie es ist, von vorn zu beginnen, ohne voller Misstrauen die Sünden der Vergangenheit ständig vorgehalten zu bekommen. Hätte die Frau auch einen Ort in unserer Gemeinde gehabt? Ich glaube ja, denn wir alle haben hier Platz, weil Jesus uns vergibt und er allein den Neuanfang mit Gott schenkt, den wir uns auch als noch so Untadelige nicht selbst erarbeiten können. Wo kommen wir in dieser Jesusbegegnung vor? Beide Positionen spielen sich oft im eigenen Herzen ab. Wir werden schuldig und bleiben hinter Gottes Anspruch auf unser ganzes Leben zurück. Wir sind lieblos, treuelos, kleingläubig, faul oder geizig. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Wir sitzen im gleichen Boot und stellen doch an den Pranger: schau mal der und schau mal die! Wir werfen Steine durch lieblose Rede, Klatsch, Abstempeln. Wir ersticken alle Hoffnung auf Umkehr im Keim, weil es praktischer ist, einen Sündenbock zu haben, der von der eigenen Schuld ablenkt. Jesus zeigt uns eine andere Position auf. Er ermutigt uns, ihm zu vertrauen und nicht mit Steinen zu werfen. Er bietet Vergebung und Neuanfang an - für uns und für andere. Doch heißt das nun, dass wir uns aus allen Fragen nach dem Willen Gottes heraushalten sollen, Unrecht nicht mehr beim Namen nennen können, weil wir selbst auch Unrecht tun? Es gibt doch immer wieder Verfehlung, die Gemeinschaft zerstört, bei der wir nicht einfach wegsehen können oder wo wir nicht einfach weggehen können. Wie also damit umgehen, wenn Unrecht unter uns auftaucht? Ganz praktisch wird im Matthäusevangelium die sogenannte Gemeinderegel (Matthäus 18) ausgeführt. Wenn jemand in der Gemeinde gegen den Willen Gottes verstößt, so wird ein Gespräch unter vier Augen stattfinden. Das Ziel ist, den Bruder oder die Schwester wieder auf den Weg mit Gott zu bringen. Geschieht keine Umkehr, sind mehr Leute zum Gespräch hinzuzuziehen, hilft das auch nicht, soll eine Gemeindeversammlung einberufen werden, die zum Neuanfang einladen soll. Erst wenn all dies nicht dazu geführt hat, dass die Person das Unrecht einsieht und davon ablässt, soll sie aus der Gemeinde ausgeschlossen werden. Aber sie soll behandelt werden wie ein Heide oder Zöllner, das heißt aber auch wie jemand, für den die Tür der Gemeinde immer offen steht und dem die ganze Liebe Gottes und der Gemeinde gilt. Als Zentrum der Gemeinderegel wird das Gebet in Gemeinschaft empfohlen. Und hier sehen wir auch wieder die Verbindung zu der Begegnung mit der Ehebrecherin. Jesus sagt Gottes Wort zu den Steinigern, er spricht mit Vollmacht Gottes. Wo Unrecht in der Gemeinschaft geschieht und wir darauf hinweisen müssen, brauchen wir Gottes Vollmacht, sonst ist es wie Steine Werfen und nicht wie eine Einladung zum Neuanfang. Was ich aus dieser Jesusbegegnung mitnehme: Jesus
möchte mir Gottes Liebe vor Augen führen. Er zeigt auf die Sünderin
in mir, er zeigt auf den Pharisäer in mir. "Beide" werden "bekehrt".
Ich bin radikal auf Gottes Vergebung angewiesen.
Frei sind wir, da zu wohnen und zu gehen. Frei sind wir, ja zu sagen oder nein. Herr, deine Liebe ist wie Gras und Ufer, wie Wind und Weite und wie ein Zuhaus. Wir wollen Freiheit, um uns selbst zu finden,
Und dennoch sind da Mauern zwischen Menschen
Herr, du bist Richter! Du nur kannst befreien,
Cornelia
Trick
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