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Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
Petrus schrieb an mehrere Gemeinden einen Rundbrief, der die Gemeinden in ihrer sehr bedrängten Lage ermutigen sollte, an Jesus Christus dranzubleiben und ihr Leben mit ihm zu gestalten. Dieser Brief könnte eine Art Reiseführer sein, der den Weg, der auf der Spielkarte vorgezeichnet ist, beschreibt. Wir können uns jetzt fünf Kapitel dieses Reiseführers anschauen. Kapitel 1: Einführung Auf dem Weg sind wir nicht allein. Jesus Christus ist unser Wanderführer. Er geht uns voran, er hilft uns in den unwegsamen Geländen, er erzählt uns von dem Ziel, das auf uns wartet. Doch er drängt sich uns nicht auf. Jeden Tag und jeden Wegabschnitt neu wartet er auf uns, ob wir uns ihm anvertrauen und seine Hand ergreifen, die er uns hinstreckt. Als Wanderer mit Jesus sind wir in einer Wandergruppe. Jesus ordnet uns in diese Wandergruppe ein. Manchem wäre es vielleicht lieber, er könnte allein mit Jesus unterwegs sein. Aber der Weg mit Jesus ist nicht individuell zu buchen, sondern nur als Gruppenreise anzutreten. Das widerspricht vielleicht unseren Erwartungen. Wir wollen nicht in einer Gruppe wahrgenommen werden, sondern als Einzelne. Wir wollen uns nicht nach dem Tempo anderer richten. Wir haben keine Lust auf die Probleme anderer, unsere eigenen reichen uns völlig. Doch warum führt Jesus nur Gruppenwanderungen durch? Offensichtlich hat uns die Gruppe der Mitwandernden etwas zu sagen: Wer von Jesus lernt und mit ihm unterwegs ist, muss das Gehörte und Erfahrene umsetzen können, damit es sich festigt. Die Wandergruppe ist die erste Adresse, bei der das Gehörte anzuwenden ist. Die Wandergruppe ist Motivatorin, um dranzubleiben und sich an jedem Morgen wieder neu aufzuraffen, die Schuhe für die nächste Wegetappe zu binden. Die Wandergruppe ergänzt sich in ihren Möglichkeiten und Fähigkeiten. Jede und jeder nimmt bestimmte Aufgaben für alle wahr und sorgt dafür, dass die Etappe optimal gemeistert werden kann. Kapitel 2: Wandernde tragen
eine Schürze
Für die Wandergruppe gibt es eine klare Aufstellung. Es gibt in der Gemeinde, die eine solche Wandergruppe ist, keine Besseren und Schlechteren, alle werden aufgefordert, sich zu beugen unter Gottes Schutz und Leitung. Das ist nicht einfach. Als ich an einer Bergtour auf die großen Walliser Berge teilnahm, hatten wir ein Mitglied in unserer Gruppe, der sich schon am ersten Tag durch große Überheblichkeit auszeichnete. Er kam zudem noch aus Hamburg, na ja, einem Hamburger traut man sowieso nicht zu, dass er sich in den Alpen auskennt. Er führte wortreiche Diskussionen mit dem Bergführer und brachte uns alle um die wohlverdiente Ruhe nach einer ersten anstrengenden Wegetappe. Er war dann später einer der ersten, der über sein stechendes Herz klagte und auf den alle anderen Rücksicht nehmen mussten. Nur ein Einzelfall? Geht es uns in der Gemeinde nicht ganz ähnlich, dass wir mit Überheblichkeit sehr schnell an unseren persönlichen Grenzen scheitern? Dass wir von Jesus den Spiegel vorgehalten bekommen und einsehen müssen, dass wir genauso fehlbar sind wie die anderen und kein bisschen mehr Grund haben, uns zu loben? Sehr schön drückt Petrus es (im Urtext des Griechischen) deshalb mit dem Bild der Schürze aus. Wir sollen uns die Schürze der Demut anziehen, wir sollen uns eine Schürze anlegen, die deutlich macht, dass wir unsere punktuelle Überlegenheit zum Dienen nutzen wollen, nicht zum Herrschen. Da kann jemand vielleicht gut Posaune spielen. Er wird in der Gemeinde nicht gebraucht als einer, der allen anderen das Gefühl gibt, sie können nichts und sind eine Niete. Er wird gebraucht als einer, der motiviert, mitzieht und sein Spiel in den Dienst der Gemeinde stellt. Er wird als Schürze tragender Posaunist gebraucht. Da ist jemand sehr gesprächig und kontaktfreudig. Wenn er eine Schürze trägt, wird er diese Gabe nicht dazu einsetzen, anderen ständig von sich und seinen Themen zu erzählen, sondern sie zu fragen, was sie beschäftigt, wo sie stehen und was ihr Thema ist. Wenn jemand die Aufgabe hat, eine Gruppe zu leiten oder einen Dienst anzuleiten, dann wird sie ein Gegengewicht brauchen, wo sie sich von anderen leiten lässt oder sich in einen Dienst einordnet. Wer am Sonntag auf der Kanzel steht, sollte sich auch beim Putzen oder der Gartenarbeit sehen lassen. Diese Dienstbereitschaft findet ihr Vorbild in Jesus Christus selbst und führt zu ihm. Er lässt uns wissen, dass wir uns auf seine starke Hand verlassen können, die uns vor Hochmut bewahrt und auf der anderen Seite aus der Depression herauszieht. 3. Kapitel: Der schwere
Rucksack
In der Anmeldung zu einer Bergtour in den Berner Alpen stand deutlich: nur das nötigste Gepäck mitnehmen. Das nötigste Gepäck hieß für mich, unbedingt einen dicken Schlafsack mitzunehmen, mehrere Hemden zum Wechseln und auch noch zusätzliches Essen. Sie glauben nicht, was am zweiten Abend auf der Hütte geschah. Ich schmiss mein zusätzliches Essen, meine zusätzlichen Hemden und sonstigen Schnickschnack in den Müll. Den gerade neu gekauften Daunenschlafsack schleppte ich dann doch weiter mit, da siegte der Geiz. Ich schämte mich sehr für den unnötigen Müll, der erst umständlich mit dem Hubschrauber entsorgt werden musste. Nie wieder passierte mir das, dass ich auf eine Bergtour zuviel mitnahm. Auf unserem Weg mit Jesus kann es uns ganz ähnlich ergehen. Jesus sagte uns von Anfang an: "Lasst alles zurück, was ihr nicht wirklich braucht. Vor allem, lasst eure Sorgen zurück, ich kümmere mich darum." Und nun sind wir schon eine Weile unterwegs und merken, was wir da mit uns herumschleppen, ist viel zu viel und viel zu schwer. Es belastet uns, lässt uns hinterher humpeln und immer weiter zurückfallen. Jesus ermutigt uns, den Rucksack abzunehmen und ihn auszupacken. Welche Steine liegen denn da drin? Was tragen wir mit uns herum, das nicht in unseren Rucksack gehört? Welche Sorgen kultivieren wir, statt sie beherzt in die Hand zu nehmen und Jesus zuzuwerfen? Und stellen wir uns vor, eine Sorge wäre ein großer Stein: Wir müssten sie mit beiden Händen fassen, um sie werfen zu können. Nichts anderes tun wir, wenn wir beten und Jesus diese Sorgen nennen. Wir nehmen beide Hände und werfen die Sorge auf Jesu Rücken. Die Versuchung ist groß, hier wieder abzuschalten und die Steine eben doch im eigenen Rucksack zu lassen. Doch lassen Sie mich konkreter werden. Wie kann ein Sorgenwerfen praktisch werden? Ich persönlich versuche es seit einiger Zeit mit einem Gebetbuch, in dem ich meine täglichen Sorgen aufschreibe. Ich merke, wie ich sie so - schriftlich - ganz anders abgeben kann, als wenn ich sie nur Jesus in Gedanken nenne. Der untere Teil jeder Gebetsseite ist mein Sorgen-Mülleimer. Und ich merke, wie die Sorgen da auch wirklich bleiben. Sie verändern sich. Sie sind nicht mehr drückende, Angst machende Szenarien in meinem Kopf, sondern werden zu Gebetsanliegen, von denen ich überzeugt bin, dass Gott sich über sie erbarmen wird. Ich habe einen mächtigen Verbündeten gefunden, der diese Probleme weiter behandelt und lösen wird. Ob ein Sorgenmülleimer für Sie ein Tagebuch sein kann oder ein Mensch, dem Sie sich anvertrauen, ob es ein Gebetskreis oder eine Gebetspartnerschaft ist, das sieht sicher sehr verschieden aus. Wichtig ist, dass Sie sich entschließen, die Steine loswerden zu wollen, um frei nach vorn laufen zu können. 4. Kapitel: Das "Achtung"-Schild
Petrus lässt den Löwen ein Bild für die Bedrohung der Wandergruppe sein. Er schleicht um die jungen Gemeinden und reißt Einzelne heraus, um sie zu verschlingen. Wir spüren, wie sehr die Gemeinden damals von außen angefeindet und bedroht wurden. In den Städten wurden sie verfolgt, in den Familien taten sich Abgründe auf, wenn einzelne Familienmitglieder Christen wurden. Kein Wunder, dass manche diesen Druck nicht aushielten und sich wieder von Christus abwandten. Unser Thema hier und heute ist sicher ein bisschen anders. Wir kennen den Löwen, der uns von außen attackiert, nicht als Christenverfolger, sondern eher als kunterbuntes Angebot, das uns von der Gemeinde und Gemeinschaft mit Jesus Christus weglockt. Wer heute konsequent eine Gemeindegruppe, die sich wöchentlich trifft, besuchen will, kann dies sicher bestätigen. Manche Wochentage wie Freitag fallen für regelmäßige Veranstaltungen schon weg. Wir sind alle viel zu sehr auf Achse, um jeden Freitag Abend in der Gemeinde verbringen zu können. Dann müssen wir lang arbeiten, uns auch noch um andere Dinge kümmern, die Abende sind schnell ohne Gemeinde ausgebucht. Der Kontakt wird loser, bald sind nicht mehr beide Beine in der Gemeinde, bald stehen wir außerhalb und wundern uns, wie es dazu kommen konnte. Wir wurden nicht vom Löwen herausgerissen, sondern vom Alltag. Bedroht wird unsere Wanderung nicht nur von außen, sondern auch von innen. Die Zivilisationskrankheiten machen sich auch bei uns breit. Wir leiden an Übergewicht. Das lässt uns langsam und träge werden. Übergewicht entsteht, wenn wir mehr Nahrung aufnehmen als verbrauchen. Wir konsumieren Geistliches und setzen es nicht um. Wir nehmen die Liebe Gottes auf und investieren sie nicht. Wir sind sehr erpicht darauf, etwas für uns mitzunehmen und speichern es, ohne auf das Verfallsdatum zu achten. Wir leiden auch an Karies, weil wir uns davor scheuen, Dinge, die nicht in Ordnung sind, zu bereinigen. Wir wollen bestätigt werden und fürchten uns davor, in Frage gestellt zu werden. Wir wehren uns gegen Kritik, obwohl wir wissen, dass wir Korrektur und Neuanfang dringend brauchen. Einige von uns sind auch stark Herzinfarkt gefährdet. Sie fühlen sich ständig unter Druck, Jesus zu gefallen und alles richtig zu machen. Sie wollen mit ihrer Leistung imponieren und vergessen, dass Jesus sie in der Wandergruppe zum Ziel führen wird, ohne dass sie ihm ein Erfolgsprogramm vorzuweisen brauchen. Sie vergessen, Jesus wirklich zu hören und ihm zu vertrauen. Man sagt über sie, dass sie sich so für Jesus einsetzen, aber wollte Jesus das gerade von ihnen? Wir alle sind von solchen Löwen bedroht. Was uns hilft, ist das Netz der Fürbitte füreinander. Die Löwen sind nicht stärker als unser Wanderführer. Aber wir sollten den Kampf mit ihnen nie allein aufnehmen, dann werden wir unterliegen. Lassen wir Jesus für uns kämpfen. Er wird uns aus ihren Fängen lösen. Kapitel 5: Die erleuchtete
Berghütte
Der Weg ist nicht das Ziel. Der Weg ist eine Bewährung, eine Schulung, er ist zeitlich begrenzt. Das Ziel ist, in der bleibenden Gemeinschaft mit Gott zu leben, seine starke Hand unter sich und über sich zu spüren, von äußerem und innerem Druck befreit zu sein und keinen Rucksack mehr auf dem Rücken zu tragen. Das Ziel wird sein, dass Gott alles in allem sein wird und seine Liebe uns in seine Gemeinschaft einbezieht. Wir werden frei, ihn zu loben und für ihn da zu sein ohne jeden Seitenblick darauf, ob auch für uns genug dabei abfällt. Dieses Ziel weist uns schon jetzt den Weg wie die erleuchtete Berghütte schon von weitem die Orientierung gibt. Seine Kraft ermächtigt uns, die Hände zum Gebet zu falten, zur Fürbitte zu heben und zur Hilfe zu reichen. Er befähigt uns, trotz aller Löwen von außen und innen bei Jesus zu bleiben und uns ihm anzuvertrauen. Dir, Gott, sei die Ehre
und dir, Gott, die Macht heute und für immer. Amen.
Cornelia
Trick
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