Osterjubel (1.Korinther 15,3-8)
Ostergottesdienst für den 4.4.2021 in Brombach, wegen des Lockdowns ohne anwesende Gemeinde

Liebe Gemeinde,
dieses Jahr werden es erheblich weniger Pilgernde sein, die am Ostertag die Grabstätte Jesu in Jerusalem aufsuchen werden. Als man im 4. Jahrhundert die Stätte lokalisierte, an der Jesus begraben wurde, gab Kaiser Konstantin den Auftrag, dort eine Kirche zu errichten. Im Laufe der Zeit erhielt die Kirche zwei Namen. In der westlichen Tradition hieß sie die Grabeskirche. Der Titel betont: Jesus ist wirklich gestorben, er war nicht nur scheintot. Er ist in die Dunkelheit unseres Sterbens gekommen, hat mit uns die Verlassenheit ausgehalten. In der östlichen Tradition nennt man das Bauwerk Auferstehungskirche. Hier wird herausgestellt, dass das Grab nicht Jesu Endstation war. Gott hat das Grab gesprengt. Er lebt und mit ihm alle, die sich zu ihm halten. Sie haben Hoffnung in diesem Leben, denn das Grab ist leer und der Himmel ist offen.

Ohne Jesu Tod wäre kein Licht in die Todesfinsternis gekommen, hätte es keine Befreiung von diesen Mächten und Gewalten gegeben.

Ohne Jesu Auferstehung wäre der Weg in die Zukunft begrenzt geblieben vom Tod.

Paulus hatte die Gemeinde in Korinth gegründet. Er fühlte sich für die Gemeinde verantwortlich wie ein Vater für seine Kinder. Es war wohl eine ganz normale Gemeinde. Die Gemeindeleute waren von Jesus ergriffen, fanden in ihm Halt, sahen Licht für ihren Weg, lebten in neuer Gemeinschaft miteinander und gingen ihren Weg voller Zuversicht. Aber sie blieben Menschen mit Ecken und Kanten, hatten Konflikte, rieben sich im Gemeindealltag aneinander und gerieten leicht in Gefahr, im Überschwang die Haftung an Jesus zu verlieren. 

Am Ende seines langen Briefes an die Gemeinde mit Kommentaren zum Gemeindeleben stellte Paulus ein ganzes Kapitel unter die Überschrift: „Jesus ist wahrhaftig auferstanden“. Warum betonte er dieses Thema derart stark? Wohl erschien Paulus die Auferstehung Jesu wie Gottes Unterschrift unter seine Liebeserklärung an uns Menschen. Jesus war nicht nur ein vorbildlicher Mensch, dem wir alle nachstreben sollten. Er war vielmehr der Retter Gottes, der uns auf Gottes Seite ziehen wollte und konnte. Er öffnete uns den Himmel.

Paulus stellt das wohl älteste erhaltene Glaubensbekenntnis seinen Ausführungen voran.

1.Korinther 15,3-8
Grundlegend ist: Dass Christus für unsere Schuld gestorben ist – wie es in den Heiligen Schriften steht. Dass er begraben wurde und dass er am dritten Tag auferweckt wurde – wie es in den Heiligen Schriften steht. Und dass er sich Kephas gezeigt hat, danach auch den Zwölf. Später sahen ihn über fünfhundert Brüder und Schwestern gleichzeitig. Die meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind allerdings auch schon gestorben. Danach hat er sich Jakobus gezeigt, schließlich allen Aposteln. Ganz zuletzt ist er auch mir erschienen.

Jesus ist gestorben, begraben, auferweckt und erschienen, diese vier Stichworte genügen, um Jesus in seiner ganzen Bedeutung zu erfassen.

Paulus sieht die Verbindung zu den Vorhersagen der Propheten im alten Israel. Erst im Nachhinein entfalten ihre Aussagen den ganzen Sinn. Am aussagekräftigsten ist hier wohl Jesaja 53: Der „Knecht Gottes“, in dem wir Jesus erkennen, lud das Leid und die Schuld der Welt auf sich. Als Schuldloser ließ er sich dafür töten. Er nahm stellvertretend für uns die Konsequenz unseres Fehlverhaltens auf sich, damit wir gerettet werden. Der „Knecht Gottes“ kommt von Gott, er macht den Weg zu uns frei, damit wir über die Brücke seines Kreuzes zu Gott kommen.

Nun zu den vier Stichworten.

  • Gestorben: In die Tiefe und Dunkelheit ist Jesus mitgegangen. Würden wir die Passion Jesu als Taschenburch-Krimi lesen, hofften wir sicher bis zur letzten Minute, dass doch ein Wunder geschähe, das Böse nicht siegte, Jesus vom Kreuz gerettet würde, wie das in Romanen eben so üblich ist. Aber der Jesus-Krimi endete anders. Jesus ist wirklich gestorben.
  • Begraben: Es hätte doch genügt, Jesu Tod festzustellen. Warum ist nun noch sein Begräbnis erwähnt? Das Grab war wohl der endgültige Punkt hinter Jesu Leben. Kein Mensch kann jemand aus dem Grab zurück ins Leben holen. Der Stein vor dem Grab Jesu war Endstation. Diese Endstationen kennen wir ja auch. Einen lieben Menschen haben wir verloren. Wenn nach der ganzen Hektik der ersten Tage die Realität einzieht, der Platz am Tisch wirklich leer bleibt, wird klar, dass das alte Leben miteinander vorbei ist und nie mehr wiederkehrt. Diese Leerstelle beschreibt das Grab. Jesus scheint mit seiner Mission gescheitert zu sein – aus, Punkt, vorbei.
  • Auferweckt: Die Frauen am Grab sahen das leere Grab. Der Grabstein war von innen weggewälzt, gesprengt worden, das Grab war leer, Jesus nicht mehr da. Aus dem Punkt wurde ein Doppelpunkt. Es gab keine lückenlose Fortsetzung vom Leben vor dem Tod zum Leben nach dem Tod. Der Auferstandene ist nicht der Irdische. Aber als Auferstandener geht er voran, hält uns fest, führt uns ins Licht. Er ist der erste Auferstandene und nimmt alle mit, die sich an ihn hängen. Wie ein Magnet zieht er uns an und nimmt uns mit in Gottes Herrlichkeit.
  • Erschienen: Jesus ist zuerst den Frauen erschienen, so berichten es alle Evangelien übereinstimmend. Aber als Frauen hatten sie keine Zeugen-Autorität, deshalb erwähnt sie dieses alte Bekenntnis wohl in der Aufzählung nicht. Hier beginnt die Reihe mit den Jüngern, dann folgen 500 auf einmal, Jakobus, der Bruder Jesu und alle, die als „Apostel“ das Evangelium zu den Menschen brachten, ihnen allen ist Jesus erschienen. Dem Doppelpunkt folgen drei Pünktchen: … . 
Diese vierte Aussage ist wohl schon allein wegen ihrer Länge die wichtigste. Glaube an Jesus heißt eben nicht, die Bibel auswendig zu lernen, die christliche Tradition zu pflegen und die Totenauferweckung für wahr zu halten. Dem Glauben an Jesus geht eine Begegnung mit Jesus voraus. Jesus selbst stellt sich Menschen in den Weg, überzeugt von sich.

Wie begegnet uns Jesus heute? Er kreuzt unseren Weg da, wo wir gerade sind. 

Das geschieht am Anfang unseres Glaubenslebens als Initialzündung. Mir ist Jesus im Jugendkreis meiner Heimatgemeinde begegnet. Ich kann mich an eine Aktion für Obdachlose erinnern, die wir vorbereiteten. Bevor wir zum Hauptbahnhof aufbrachen, wurde eine Gebetszeit angesetzt, und in dieser Gebets-Runde gab mir Jesus einen spürbaren Impuls, mit ihm auch laut zu reden. Viele Begegnungen waren dem vorausgegangen seit meiner Kindheit, aber jetzt wusste ich, Jesus ist da, und er meint mich. 

So war es ja auch bei den ersten Zeugen. Sie sind nicht ganz unvorbereitet auf Jesus getroffen, kannten ihn zum Teil schon lange. Obwohl erst Furcht und Entsetzen ihre Reaktion war, erkannten sie im Auferstandenen den Jesus wieder, mit dem sie so viel schon erlebt hatten.

Dieser Initialzündung des Glaubens folgen Begegnungen mit Jesus. Sie bestärken, korrigieren unsere Sicht, ermutigen uns und zeigen immer wieder deutlich, dass wir begleitet werden.

Jemand erzählte von einer sehr brenzligen Verkehrssituation, mitten auf einer Bundesstraßen-Kreuzung – er war Linksabbieger – blieb sein Auto stehen. Er hielt sich buchstäblich die Ohren zu, weil er jede Sekunde mit einem lauten Krachen rechnete. Doch als hätte Jesus als Verkehrspolizist mitten auf der Kreuzung gestanden, hielten die Autos reihum an, Fahrer stiegen aus und boten ihre Hilfe an, ein für ihn völlig überwältigendes Geschehen. Er sagte später, er habe weiche Knie bekommen, sicher wegen der Gefahr, aber auch, weil Jesus so erlebbar da war. 

Die Osterzeugen stammten nicht nur aus dem inneren Kreis der Unterstützer Jesu, auch sein leiblicher Bruder war zum Beispiel dabei. Von ihm wissen wir, dass er zusammen mit der Familie Jesus eigentlich nach Nazareth zurück in die Werkstatt seines Vaters hatte holen wollen. Er hatte Jesus nicht verstanden. Aber auch ihm erschien der Auferstandene und rief ihn in die Nachfolge so wie die 500, die auf einmal Zeugen wurden. Deshalb können wir davon ausgehen, dass Jesus jeder und jedem begegnen will, weil er grundsätzlich den Kontakt zu uns allen sucht. Vielleicht hilft es, in diesen Ostertagen den Kopf nicht nur nach unten zu richten, auf die Steine im Weg, die Schwierigkeiten im Leben oder die eigenen Themen, sondern ihn in die Weite schweifen zu lassen, um Jesus wahrzunehmen, der vielleicht schon lange vor uns steht und nur darauf wartet, dass wir aufschauen.

Seine Begegnung verändert. Das können wir an den ersten Osterzeugen beobachten. Sie wurden Apostel, das heißt Gesandte im Auftrag des Herrn, Missionare, die überall hinströmten, um Menschen von diesem Gott zu erzählen, der sie liebt. 

Uns verändert die Begegnung mit dem Auferstandenen auch. 

Wir können realistisch auf das Leben schauen mit allen Nöten und Begrenzungen. Das müssen wir nicht verdrängen oder schönreden, denn wir wissen, Jesus ist da, und er kann Leben bringen, Zukunft und Hoffnung. Wir wissen um Jesu Kraft, denn wer aus dem Grab auferstanden ist, kann auch uns helfen. Wir werden mutig, vorwärts zu gehen, denn Jesus eröffnet Zukunft in diesem und im nächsten Leben. Dabei sind wir nicht allein, die 500 sind ein Sinnbild für Gemeinde, die sich immer wieder an Jesus in ihrer Mitte erinnert und ihn lebendig in ihrer Mitte erfährt.

Osterjubel ist angebracht. Jesus hat den Tod besiegt und mit ihm werden auch wir an diesem Leben teilhaben.

Jesus sagt: „Ihr werdet mich sehen, denn ich lebe. Und ihr werdet auch leben.“ (Johannes 14,19)

Cornelia Trick


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