Leben auf der Baustelle
Gottesdienst am 05.07.2009

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
am 27. Juni besuchten wir als kleine Gemeindeabordnung ein Tagesseminar für Gemeinden mit dem Thema „Wirkungsvoll weiterkommen". Referent war Tim Schroeder, Pastor einer sehr lebendigen Gemeinde in Kelowna, B.C., Kanada. Er stellte uns die Frage „Wann war die beste Zeit Ihrer Gemeinde?“ Und er erzählte von der besten Zeit seiner Gemeinde. Im August 2003 brachen Waldbrände in die 100.000-Einwohner-Stadt ein. Die Hälfte der Bevölkerung, 50.000 Menschen, musste evakuiert werden. 238 Häuser brannten nieder. In diesem Inferno wurde die Gemeinde angefragt, ob sie sich als zentraler Hilfepunkt für die Bevölkerung zur Verfügung stellen könnte. Die Gemeinde nahm die Herausforderung an und wuchs über sich selbst hinaus. Verpflegung wurde gestellt, Jugendräume wurden in Hotelzimmer umfunktioniert, es gab Leute, die Kinder beaufsichtigten und mit Rat und Tat zur Seite standen. Tim Schroeder machte deutlich, dass die Gemeinde in dieser Zeit genau wusste, wofür sie da war. Sie hatte ihre Bestimmung, und das machte froh. Doch, so führte er sehr glaubwürdig aus, begonnen hatte diese Bestimmung lang vor dem Feuer. Da wurde sich die Gemeinde klar darüber, dass es ihr Auftrag war, Menschen für Jesus zu gewinnen und nicht um die eigenen Themen zu kreisen. Sie machten praktisch Trockenübungen für den Fall X und bewährten sich im Feuer. Die große Herausforderung durch die Naturkatastrophe wurde zur Erfahrung, mit Gottes Geist Großes tun zu können.

Wir wünschen uns nun keine Waldbrände für Neuenhain herbei. Doch dieses Beispiel lässt fragen, ob wir für Herausforderungen aller Art gerüstet wären. Letzten Sonntag vollzogen wir die Gemeindegründung in der Hauptstadt Samariens nach, die auf Philippus zurückgeht. Wir durften miterleben, wie die Taufe allein nicht reicht, um eine Gemeinde zu bauen. Der Heilige Geist ist nötig, den Gott allein schenkt. Ob der mit, vor, nach der Taufe geschenkt wird, ist nicht von uns festzulegen und in Lehrbüchern festzuschreiben. Doch wir wollen ihn erbitten, er macht den Unterschied, ob Neubürger im Reich Gottes ewige Randsiedler bleiben oder am Reich Gottes mitbauen. Heute führt uns ein Abschnitt aus dem 1.Korinther weiter. Es geht um das Bauen der Gemeinde mit Hilfe des Heiligen Geistes.

1.Korinther 3,9-15

Denn wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr seid Gottes  Ackerfeld und Gottes  Bau. Ich nach Gottes Gnade, die mir gegeben ist, habe den Grund gelegt als ein weiser Baumeister; ein anderer baut darauf. Ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baut. Einen andern Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. Wenn aber jemand auf den Grund baut Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stroh, so wird das Werk eines jeden offenbar werden. Der Tag des Gerichts wird's klar machen; denn mit Feuer wird er sich offenbaren. Und von welcher Art eines jeden Werk ist, wird das Feuer erweisen. Wird jemandes Werk bleiben, das er darauf gebaut hat, so wird er Lohn empfangen. Wird aber jemandes Werk verbrennen, so wird er Schaden leiden; er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer hindurch.

Gemeinde ist ein Bau

Paulus vergleicht die Gemeinde Gottes mit einem Bau. Für mich ist es gerade ein nahes Bild, stehen wir doch gerade vor dem Bau der Feuertreppe als zweiten Rettungsweg für den Jugendraum. Da bekam ich von der Baubehörde ein Formular zum Ausfüllen. Gefragt war nach dem Bauherrn, dem Bauleiter und dem am Bau beteiligten Unternehmen. Paulus beantwortet den Fragebogen für den Gemeindebau so: Bauherr ist Gott, Bauleiter ist zumindest für die erste Phase in Korinth Paulus. Und das beteiligte Unternehmen sind alle, die zur Gemeinde gehören und an ihr in irgendeiner Form mitbauen. Der Bauleiter ist dafür verantwortlich, das Fundament entsprechend der Vorgaben des Bauherrn legen zu lassen. Will der Bauherr ein großes Gebäude errichten, wird das Fundament entsprechend groß. Will er nur eine Feuertreppe bauen lassen, reichen 80 cm x80 cm. Das Fundament, das Paulus legt, ist Christus. Damit gibt er Weite und Höhe des Gebäudes an. Die Breite ist weltweit: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab…“ (Johannes 3,16), die Höhe geht bis in den „Himmel“ – in die Ewigkeit. Da dieses Ziel von der Erde aus nicht erreichbar ist, wird der Bau weder von den Korinthern noch von uns abgeschlossen werden, und Generationen von Bauleitern und Unternehmen werden sich abwechseln.Auf der Baustelle

Der Bau einer Gemeinde, das wird mit diesem Vergleich deutlich, beschränkt sich nie auf eine einzelne Ortsgemeinde. Eine Gemeinde vor Ort ist nur Teil des großen weltweiten Gebäudes, vielleicht ein Zimmer, ein Giebel, ein Stockwerk oder ein Seitenflügel. Keine Gemeinde kann für sich beanspruchen, dass sie allein auf dem Fundament Christus steht. Es sind immer noch andere dabei.

Dass der Gemeindebau ein Fundament hat, ist wichtig, denn ohne Grund droht der Abgrund. Eine Gemeinde ohne Christus ist ein Verein zur gegenseitigen Hilfe, der äußert krisenanfällig ist. Ein kleiner Erdstoß, ein Gewitter, Streit der Mitglieder oder Lebenskrisen der Einzelnen verursachen Risse. Es gibt keine Kraft, die auch in Not durchträgt und aufrecht hält. Es gibt kein Ziel, für das es sich weiterzubauen lohnt.

Die Bauleute

Die Gemeindeleute werden von Paulus nicht als Bauarbeiter, sondern als Mitarbeiter, wörtlich Mitwirkende, angesprochen. Sie haben also keinen 8-Stunden-Tag, sondern sind für die Arbeiten so verantwortlich wie der Bauleiter. Es ist genauso ihre Baustelle wie die des Bauleiters. Wenn abends Besprechungen anstehen, können sie nicht sagen, dass ihnen das egal ist, Hauptsache das Gehalt stimmt. Die Sitzungen entscheiden über das Gelingen auch ihres Projektes. 

Allerdings haben die Mitarbeiter keine Verantwortung für den Baugrund zu tragen. Die trägt der Bauherr. Sie sind nur zuständig für ihren eigenen Bauabschnitt. Interessant ist, dass Paulus bei den Baumaterialien keine Steine aufzählt. Die tragenden Wände sind offensichtlich nicht von der Gemeinde zu erstellen. Für die sorgt der Bauherr. Doch der Ausbau, die Ornamentik und das Dach sind Sache der Gemeinde..

Die spannende Frage ist, wo wir uns einfinden und mit welchen Materialien wir weiterbauen. Gottes Geist schenkt Gaben, die uns helfen, mit den Materialien so umzugehen, dass sie den Bau verbessern. Um Gaben bei sich selbst herauszufinden, gibt es Gabentests. Sie helfen, bei sich selbst und durch Rückmeldung anderer zu erkennen, welche Gaben auf einen besonders zutreffen. Wir haben in der Vergangenheit immer wieder Gabentests durchgeführt. Nach anfänglicher Begeisterung über Theorie und Praxis der Lehre von der Geistesgaben bin ich zurückhaltender geworden. Und das nicht aus dem Grund, dass ich die Gaben als nicht mehr so wichtig ansehe. Sondern aus der Beobachtung, dass sich nicht von selbst etwas tut, wenn ich nur meine Gaben erkannt habe. Die Gaben wollen investiert werden, und zwar nicht für mich und meine privaten Belange, sondern für die Gemeinde Gottes, für die sie geschenkt sind. Bei einem Gabentest, den ich vor einigen Jahren in einer Gemeinde moderierte, kam als häufigste Gabe das Gebet zu Tage. Wir waren erstaunt. So eine wichtige Gabe hat Gott der Gemeinde geschenkt, das gilt es im Gemeindeleben zu berücksichtigen. Sie gründeten einen Gebetskreis und luden die ein, die für sich erkannten, dass sie die Gabe des Gebets haben. Der Gebetskreis existierte ein paar Monate, dann löste er sich auf. Teilgenommen hatte niemand von denen, die für sich das Gebet herausgefunden hatten. Man fragte nach und stellte schließlich fest, dass manche der Betenden lieber allein beteten. Einige sagten, dass sie mit ihren eigenen Themen genug zu beten hätten und nicht noch mehr bewegen könnten. Und einige erklärten sich das Gabentest-Ergebnis so, dass sie aus Zeitmangel nichts anderes zum Gemeindeleben beitragen könnten, als zu beten. Dabei fühlten sie sich nicht besonders begabt, aber sie konnten eben kein Kreuz bei einer anderen Gabe machen.

Ein Gabentest ist eine ganz große Hilfe, wenn ich bereit bin, die herausgefundene Gabe zu investieren, und zwar ausdrücklich nicht für mich selbst, sondern für die Gemeinde. Es gehört also zu jeder Gabe zwingend eine Aufgabe. Der Bauherr heuert keine Mitarbeiter an, die er nicht für seinen Bau gebrauchen kann. Er weiß, welche Gaben wichtig sind und wie er jeden von uns einbinden kann, dass sein Bau voran geht.

Wofür brennt mein und Ihr Herz? Was geht mir und Ihnen leicht von der Hand? Wo legt Gott seinen Segen darauf? Das sind die Fragen nach meinen Gaben. Dazu gesellen sich die anderen Fragen. Was wird hier in Neuenhain gebraucht? Wie können meine Gaben dazu beitragen, dass Menschen Christus begegnen? Mit wem kann ich zusammenarbeiten, um meinen Bauabschnitt zu bearbeiten?

Im Verlauf des Seminartages im Juni wurde mir klar, dass es in unserer Gemeinde genau darum geht. Wir haben viele Gaben, wir stehen in unserem Alltag unseren Mann und unsere Frau. Aber wir haben eigentlich keinen Freiraum, diese Gaben hier einzubringen. Die 2 Stunden wöchentlich am Abend sind für manche Gaben einfach unpassend. Das Beispiel der Gemeinde in Kelowna hat mich inspiriert, über einen Gemeindesamstag von Zeit zu Zeit nachzudenken. Ein Samstag, an dem wir uns miteinander Zeit nehmen, mit unseren Gaben für andere da zu sein. Wir kommen um 8 Uhr zusammen zum Frühstück und zum gemeinsamen Tagesbeginn mit Gott. Wir haben ein gemeinsames Projekt, z.B. einen Kinder/Elterntag für unseren Ort. Einige sind in der Küche, um das Essen zu managen, einige spielen mit den Kindern, einige machen mit interessierten Eltern ein Chorprojekt oder ein Theaterstück oder ein Steuerseminar „War muss ich bei meiner Steuererklärung beachten…“. Die Bläser könnten ein Platzkonzert im Ort geben, die Jugend könnte zum Grillen oder zur Hausaufgabenhilfe einladen. Wenn wir alle auf einem Haufen wären, hätten wir unglaubliche kreative Möglichkeiten, unsere Gaben für den Aufbau der Gemeinde einzubringen. Und was ist schon ein Samstag drei- oder viermal im Jahr mit Blick auf die Ewigkeit.

Die Feuerprobe

Bei einem Bau ist ein sehr spannender Termin die Bauabnahme. Wird der Bau den Anforderungen standhalten? Bei einem Test der Mercedes A-Klasse am 21.10.97 fiel das Auto bei einem simulierten Ausweichen vor einem Elch in Schweden aufs Dach um. Die A-Klasse hatte den Test nicht bestanden. Ein großer Imageverlust für den Hersteller. Der Elchtest der Gemeinde ist die Feuerprobe. Was auch nach dem Feuer noch steht, hat die Bauabnahme bestanden. Was verbrannt ist, diente nicht zum Aufbau, war nur vorübergehendes Beiwerk ohne Ewigkeitswert. Ich habe mir überlegt, was es für mich persönlich bedeutet, mit Ewigkeitswert aufzubauen. Mir sind drei Stichworte wichtig geworden.

Wenn ich in der Gemeinde Gottes mitarbeite, dann will ich dabei ganz für Gott da sein. Ich will es nicht nebenher tun oder mit gedrosselter Kraft und Liebe. Es ist verantwortungslos, wenn ich im Posaunenchor mitspiele und keine Tonleiter fehlerfrei hinbekomme. Wie soll der Klang an Gott erinnern, wenn ich zu faul bin zu üben? Ich merke, dass es mir leichter fällt, mein Bestes zu geben, wenn meine Umgebung mich daran erinnert. Meine Bläserfamilie übt viel mehr als ich. Sie ist mir ein sehr wichtiger Ansporn, immer wieder den inneren Schweinehund zu überwinden und mich den Einblasübungen zu widmen. Ganz für Gott da sein, bedeutet für mich auch, jeden Tag auf eine neue Ausrichtung gefasst zu sein. Mein Navigationsgerät im Auto sagt an solchen Stellen „Wegen der aktuellen Verkehrslage wird die Route geändert…“ Gott spricht genauso deutlich. Fatal, wenn ich mich an seinen Plan von vor einem Jahr festbeiße. 

Ein anderes Stichwort ist, dass ich wahrhaftige Motive für mein Leben mit Gott habe. Ich komme mir da immer mal auf die Schliche, dass ich Gott sage und mich meine. Es geht nicht um mein schönes Leben, sondern um Gottes Bau, an dem ich mitwirken darf. Vielleicht ist gerade mein Bauabschnitt besonders knifflig und schweißtreibend. Vielleicht komme ich nur Zentimeter weit voran. Aber daran muss ich nicht verzweifeln, denn diese Bauabschnitte sind hinterher die schönsten. Wenn ich aber nur darauf achte, selbst möglichst gut wegzukommen, werden die für mich vorgesehenen Ornamente einfach fehlen. Schade für den Bau!

Ein drittes Stichwort ist, anderen Platz zum Mitbauen einzuräumen. Ich ertappe mich dabei, wie ich gelegentlich ganz gerne selbst die Aufgaben erledige und fast denke, dass nur ich das so gut kann. Welch eine Selbstüberschätzung. Wäre Jesus so durch die Lande gezogen, hätte er sich erst mit 90 Jahren kreuzigen lassen. Und da wären seine Jünger dann auch schon um die 90 gewesen. Es ist wichtig, dass wir immer jemand im Auge haben, den wir anleiten können und mit hinein nehmen können in unsere Gabe und Aufgabe. Es macht uns glücklich und festigt das Miteinander am Bau.

Der Zuspruch

Gerettet sind wir auf jeden Fall, so sagt es Paulus, selbst wenn unser ganzes Lebenswerk in Schutt und Asche zerfällt. Das Bauwerk sind nicht wir. Wer an Jesus glaubt und seinen Heiligen Geist in sich trägt, gehört zu Gottes Familie, hat seinen Pass für das Reich Gottes. Aber es wäre doch jammerschade, wenn von allem Geleisteten nichts übrig bliebe.

Die Spaltungen, die Paulus im 1.Korintherbrief anspricht, setzen das Lebenswerk der Korinther aufs Spiel. Deshalb richtet Paulus den Blick nach oben. Noch ist der Bau nicht fertig. Der Tempel Gottes braucht jeden einzelnen, der mit Hand anlegt. Die Vollendung werden wir in Ewigkeit schauen, wenn sein Bau erfüllt ist mit dem ewigen Lobpreis:
Siehe, eine große Schar, die niemand zählen konnte, aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen; die stehen vor dem Thron und vor dem Lamm, angetan mit weißen Kleidern und mit Palmzweigen in ihren Händen,  und rufen mit großer Stimme: Das Heil ist bei dem, der auf dem Thron sitzt, unserm Gott, und dem Lamm! (Offenbarung 7,9-10)

Cornelia Trick


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