|
Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
So gut kann ich mich in diese Eltern hineinversetzen. Das geliebte Kind, auf das sie sich gefreut haben, das sie erwartet haben, wollten sie nicht hergeben. Sie griffen nach dem kleinsten Hoffnungs-Strohhalm, bettelten um jeden Euro, um für ihr Kind eine Chance zu bekommen. Von solchen Eltern berichtet die Bibel immer wieder. Heute möchte ich das Augenmerk auf einen Vater richten, der um das Leben seines Sohnes kämpft. Jesus kam mit den Jüngern aus Samarien und ging zurück in seine Heimat in den Norden Israels, nach Galiläa. Er wusste, dass er dort einen schweren Stand hatte. Die Leute kannten ihn und seine Familie und konnten sich nicht vorstellen, dass der Sohn von Maria und Josef eine besondere Botschaft für sie hatte. „Der Prophet gilt nichts im Heimatland“, damit musste Jesus sich abfinden. Um Leuten die Liebe Gottes nahe zu bringen, war Galiläa ein ganz steiniges Pflaster. Johannes 4,43-53 Entgegen seinen Erwartungen wurde Jesus in Galiläa ein herzlicher Empfang gemacht. Es hatte sich inzwischen auch durch das Wunder vor Ort bis in seine Heimatgegend herumgesprochen, dass er half und heilte. Doch Jesus schaute diesen wohlwollenden Menschen tiefer ins Herz. Er erkannte, dass sie in ihm nur den Wunderheiler und -helfer sahen, der ihrem Leben Vorteile brachte. Er wusste, dass ein Glaube, der auf Wundern basierte, nicht tragfähig war. Was, wenn die Wunder ausblieben? Wenn Wünsche nicht erfüllt wurden? Wenn der Wunderheiler am Kreuz hängen würde? Einer aus Galiläa, so zeigt es unsere Geschichte, war anders. Er wird vorgestellt als Beamter am Hof des Königs Antipas und ist in Kapernaum stationiert. Von Jesus hört er in einer schier ausweglosen Lage. Sein Sohn liegt mit hohem Fieber im Bett, alle Behandlungsmöglichkeiten scheinen ausgereizt. Sein sicherer Tod scheint festzustehen. Die Familie lebt in Kapernaum am Ufer des Sees Genezareth. Jesus befindet sich in Kana, 26 km entfernt im Gebirge. Der Mann nimmt seine Beine in die Hand und läuft nach Kana, eine Strecke von Frankfurt zu uns nach Brombach. Er weiß nichts anderes von Jesus, als was ihm irgendwelche Leute zugetragen haben. In Galliäa hatte er bis dahin nach dem Johannesevangelium nur bei einer Hochzeit für Wein gesorgt. Der Mann hat keine Beweise, dass Jesus ihm helfen wird. Und doch läuft er los, bedrängt Jesus, lässt sich auch von Jesu Skepsis nicht abwimmeln. Dass er ihm alles zutraut, wird schon durch das kleine Wort „Herr“ in der Anrede deutlich. Er sieht in ihm mehr als einen Magier, für ihn ist er der Herr über Leben und Sterben. Jesus geht auf seine Bitte nicht ein. Er kommt nicht mit zu ihm nach Kapernaum. Er gibt ihm nur einen kurzen Satz mit: „Dein Sohn lebt!“ Ich würde erwarten, dass er nun Jesus zu Füßen fällt und an ihm zerrt: Komm mit, hilf mir, ich gehe nicht weg, ehe du nicht mitkommst. Aber statt dieser naheliegenden verzweifelten Bitten hören wir Überraschendes. Die erste Überraschung: Der Mann vertraut dem Wort Jesu. Er gibt sich damit zufrieden. Die zweite Überraschung: Er geht nicht sofort nach Hause um nachzuprüfen, ob Jesus wirklich geholfen hat, sondern lässt sich alle Zeit der Welt. Erst am nächsten Tag kommen Boten von zuhause ihm entgegen und überbringen die gute Nachricht, dass der Sohn lebt. Was hat er in der Zwischenzeit gemacht? Hat er Jesus zugehört, ihn ein Stück weit begeleitet und ihn besser kennengelernt, einen Crash-Kurs im Glauben gemacht? Oder hat er unterwegs anderen von Jesus erzählt? Ist er seinen Alltagsgeschäften nachgegangen, weil er wusste, dass zuhause alles gut würde? Jedenfalls war er nicht mehr der panische, hektische, besorgte Vater, der mit Stechschritten durchs Gebirge eilte. Ab dem Zeitpunkt, als Jesus zu ihm sprach, vertraute er Jesus und konnte sein Leben gelassen fortsetzen. Nun steht offenbar nicht mehr der Sohn und seine Heilung im Mittelpunkt, sondern der Mann, der Jesus, den Herrn seines Lebens, gefunden hat. Jesu Ansage „Dein Sohn lebt“ erinnert an die Selbstaussage Jesu: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.“ Der Mann hat das Leben gefunden, das über den Tod hinausreicht. Der Höhepunkt dieser Heilungsgeschichte ist nicht die Heilung an sich, sondern dass der Mann mit seiner ganzen Großfamilie Jesus vertraute. Er war losgegangen, um seinen Sohn zu retten. Er war heimgekommen mit dem Herrn des Lebens, der nun für die ganze Familie ein sicherer Freund und Lebensanker wurde. Was damals geschah, geht uns an. Jesus kommt hinein in unsere Lebensfragen, in Zweifel, Krankheit, Tod, Angst und Schmerzen. Glauben wir wie die Mehrheit der Leute damals, würden wir mit Jesus einen Deal machen. Wenn du dich meiner Not annimmst, will ich dir für den Rest des Lebens vertrauen. Erhört Jesus die Bitte, dann kommt bei der nächsten Not ein weiterer Deal. Wenn du dies tust, dann mache ich das. Erhört Jesus die Bitte nicht, werde ich nicht geheilt, wird das Arbeitsplatzproblem nicht gelöst, ist meine Beziehung immer noch brüchig, suche ich mir einen anderen Heiler. Bei diesen Deals bin ich Jesus nicht wirklich begegnet. Ich mache die Beziehung abhängig von ihrem Nutzen für mich. Anders der Glaubende, die Glaubende, die Jesus wie einen verlässlichen besten Freund an ihrer Seite weiß, mit Vollmacht und Weisheit ausgestattet. Sie weiß sich von ihm verstanden und getragen auch in den Abgründen des Lebens, auch gerade dann, wenn es keine schnellen Lösungen gibt und vielleicht keine Rettung mehr auf dieser Erde. Sie spürt seine Hand, die nicht loslässt und die Stärke, Liebe und Hoffnung vermittelt. Der Vater des kranken Jungen hat so geglaubt. Er hat Jesu Worten vertraut, sich gelassen auf den Weg gemacht, für 26 km 24 Stunden gebraucht. Er musste nicht im Voraus wissen, wie die Geschichte ausgeht, ihm genügte es im festen Vertrauen zu wissen, dass sein Sohn lebte. Eine Freundin, die ich im Sommer traf, erzählte mir von ihrem sehr unsicheren Arbeitsplatz. Sie hat gerade das zweite Kind im Studium, in einem Land mit hohen Studiengebühren, sie braucht als Alleinerziehende ihr Gehalt dringend. Doch leider weiß sie nicht, ob ihr Arbeitsvertrag verlängert wird. Wie es nächstes Jahr weitergeht, ist völlig ungewiss. Sie erzählte uns, dass sie sich in diesen Fragen, die sie sehr bedrängen, ganz auf Jesus verlässt. Er hat ihr schon so oft geholfen, er wird es gut mit ihr und ihrer Familie machen. Und sie sagt das nicht nur, sie lebt dieses gelassene Vertrauen. Sie bewirbt sich unterdessen, aber ohne Panik und mit einem Lächeln: Gott weiß, wo er mich haben will. In dem Buch „10000 Gründe“ zum gleichnamigen Lied von Matt Redman sind viele solcher Geschichten gesammelt. Menschen haben sich in dem Lied wiedererkannt, haben das Lied als Glaubenszusage genommen und Jesus vertraut, ihre Sache in die Hand zu nehmen. Erstaunliches wird berichtet von Todkranken, von Zweifelnden, von Menschen, die wieder Lebensmut bekamen. Ja, Jesus kann. Darauf können wir unseren Blick richten, nicht auf unsere kleine Kraft, die eben oft nicht kann oder nicht genügend kann. Wird über unser Leben gesagt werden: „Sie, er glaubte das Wort, das Jesus zu ihr und ihm gesagt hatte, und ging.“? Cornelia
Trick
|