Hilfe in schwierigen Zeiten (2.Timotheus 1,3-10)
Gottesdienst am 10.6.2018 in Brombach

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
als ich mich versuchte, in Timotheus hineinzuversetzen, der uns heute in der Verkündigung begegnen wird, erinnerte ich mich an einen Vormittag meiner Ausbildungszeit. Gerade hatten wir eine Freizeit mit Jungen Erwachsenen in den Dolomiten abgeschlossen. Es war eine anstrengende Woche gewesen, schon auf der Hinfahrt hatte ein Auto den Geist aufgegeben, dann bekam eine richtig schlimme Knieprobleme, und das mitten in Klettersteigen fernab der Zivilisation, Planänderungen waren ständig nötig. Nun begann endlich eine Woche richtiger Urlaub, mehr gab es damals für Praktikanten nicht. Das Wetter war super, strahlend blauer Himmel über der Brenta, vor uns ein Gletscherfeld. Das war absolut überschaubar, die Steigung mäßig, aber ich war am Ende meiner Kraft. Dieses lächerliche Eisfeld erschien mir zu groß, die Strecke weit, der Berg zu hoch und meine Fähigkeiten zu klein. Und im Kopf hatte ich schon den Terminkalender der nächsten Woche. Irgendwie ging der Vormittag wohl rum, wahrscheinlich mit gutem Zureden, einem Schokoriegel, der Wunder wirkte, und dem entschlossenen Vorangehen meines Mannes. Jedenfalls habe ich ab diesem Vormittag nur noch gute Erinnerungen an die Woche.

Timotheus war nicht Bergsteigen in den Dolomiten, aber wohl auch in einer echten Schwächephase. Wir können es zwischen den Zeilen des 2.Timotheus-Briefes lesen. Er wurde angefeindet, weil er anderen von Jesus erzählte. Er war sich nicht mehr sicher, ob Gott ihn berufen hatte. Ängste machten ihm zu schaffen und erstickten seine Begeisterung für Jesus. Heute würde man vielleicht bei ihm einen Burnout diagnostizieren, obwohl er Jesus nachfolgte und mit ihm in enger Verbindung stand, vom ihm unbegrenzt Kraft bekommen konnte.

Und nun kam Paulus, dem Timotheus nach langer gemeinsamer Arbeit ans Herz gewachsen war. Paulus nannte Timotheus seinen Sohn, denn er hatte ihn in den Glauben an Jesus eingeführt, ihn gefördert und ihn geprägt in der Nachfolge Jesu. Begonnen hatte ihre Beziehung in Lystra, wo Paulus die Gemeinde gründete. In dieser Gemeinde wurde die Familie des Timotheus heimisch.

Paulus erkennt die Situation des Timotheus und nimmt sich seiner an. Er gibt Timotheus eine Anschubhilfe, um wieder aus dem Loch der Enttäuschung und der Angst herauszufinden. Für uns sind diese Worte für Timotheus ein Geschenk für schwierige Zeiten in unserem Leben.

2.Timotheus 1,3-5
Ich danke Gott, dem ich mit reinem Gewissen diene, wie es schon meine Vorfahren taten. In meinen Gebeten denke ich unablässig an dich – bei Tag und bei Nacht. Wenn ich an deine Tränen denke, möchte ich dich unbedingt wiedersehen. Dann könnte ich mich von Herzen freuen! Ich habe deinen aufrichtigen Glauben vor Augen. Es ist derselbe Glaube, der schon in deiner Großmutter Loïs und in deiner Mutter Eunike wohnte. Und ich bin überzeugt, er wohnt auch in dir.

Zurück zum Anfang
Paulus beginnt mit den ersten Begegnungen ihrer Beziehung. Er will damit sicher positive Erinnerungen in Timotheus wachrufen. Das war doch etwas ganz Besonderes, Timotheus ist Jesus Christus begegnet. Er hat ihm die Hand gegeben, hat ihm vertraut und sein Leben mit ihm verbunden. Paulus hatte das sozusagen als Geburtshelfer miterlebt, und noch Jahre später rührte ihn diese Erinnerung. Gott hatte Paulus ausersehen, Timotheus mit Jesus bekanntzumachen, Timotheus sagte Ja. Darin erkannte Paulus Gottes Wirken, seine Berufung, es war ein Gänsehautmoment.

Paulus will Timotheus wiedersehen, und das nicht, weil Timotheus Probleme hat und nun ein schwieriger Fall ist, sondern weil Paulus sich an ihm freuen will. Ein Aha für Timotheus. Er ist in Paulus Augen nicht zuerst ein Jammerlappen, der seine Berufung verloren hat und nicht weiß, wie es weitergehen soll. Paulus sieht durch all die Not hindurch auf sein Herz und auf die zugeschütteten Möglichkeiten, die Gott in Timotheus hineingelegt hat. Timotheus ist Paulus wichtig, egal, wie es um seine Psyche gerade bestellt ist.

Noch ein interessantes Detail. Paulus erwähnt die Verwandtschaft von Timotheus, Oma Lois und Mama Eunike. Wo sind die Männer in dieser Familie? Sind sie längst gestorben, oder sind sie den Weg des Glaubens nicht mitgegangen? Waren die Frauen alleinerziehend, und Timotheus hatte gar keinen Vater? Redet Paulus hier indirekt von einer Leerstelle im Leben, dass da eine wichtige Bezugsperson für den jungen Timotheus schmerzlich fehlt? Wir wissen es natürlich nicht, aber wenn es so wäre, würde Paulus Timotheus doppelt gut tun. Er bietet sich als väterlicher Freund und Begleiter an, wenn er Timotheus als seinen Sohn bezeichnet, und er schätzt die beiden Frauen im Leben des jungen Mannes wert, die zur damaligen Zeit nicht besondere Beachtung bekommen haben dürften. Er gibt Timotheus zu verstehen, dass ihm nichts fehlt, egal, was andere über ihn sagen.

Wir sind nicht in der selben Situation wie Timotheus, aber auch uns können Lebenssituationen herausfordern und bis an den Rand der Erschöpfung führen.  Da hilft es, wie Paulus zu den Anfängen zurückzukehren. 

Wie bei Timotheus gab es vielleicht auch in unserem Leben einen Anfang, wo Jesus unser Herz berührt hat und wir spürten, er ist da, und er meint uns wirklich. Damals hat etwas Neues begonnen, und diese Kraft wirkt heute noch – zu jeder Zeit kann Neues aufbrechen, Jesus steht dafür.

Auch unsere Wunden können wir ansehen. Vielleicht haben wir den Eindruck, dass uns das Leben betrogen hat, uns etwas Wesentliches fehlt. Vielleicht durften wir nicht das lernen, was wir wirklich wollten, vielleicht hat sich „der Richtige“, "die Richtige" nicht gefunden, vielleicht sind uns Kinder verwehrt geblieben, vielleicht sind die Beziehungen einfach nicht so harmonisch, wie wir es uns wünschen würden.

Dennoch sind wir geliebt, und Gott hat uns herausgerufen aus der Menge, Jesus hat mir ganz persönlich die Hand gegeben, das wird er nicht rückgängig machen.

2.Timotheus 1,9-10
Er hat uns gerettet, und er hat uns berufen durch seinen heiligen Ruf. Das geschah nicht etwa aufgrund unserer Taten,
sondern aus seinem eigenen Entschluss – und aus der Gnade, die er uns schon vor ewigen Zeiten in Christus Jesus geschenkt hat. Aber jetzt wurde diese Gnade offenbar durch das Erscheinen unseres Retters Christus Jesus. Er hat den Tod besiegt. Und er hat durch die Gute Nachricht unvergängliches Leben ans Licht gebracht.

Soforthilfe
Als ich damals entkräftet vor dem Gletscher stand, hat mir wahrscheinlich – wie öfter mal – ein Energieriegel weitergeholfen. Ich stelle mir vor, wie Paulus vor Timotheus einen Tisch aufstellt, ihn liebevoll deckt und leckere Speisen aufträgt, ihm einen bequemen Stuhl heranrückt und ein Tischkärtchen mit seinem Namen vor seinen Teller stellt. Er will Timotheus vermitteln: Du brauchst Kraft für die nächste Etappe. Deshalb tanke sie hier, werde dir bewusst, dass alle Kraft ihre Quelle in Gott hat und er dich jetzt stärken will. Dann erst steh wieder auf und gehe weiter.

Oft überspringen wir diese Soforthilfe. Wir befinden uns im Loch und versuchen verzweifelt, an den glatten Wänden mit eigener Kraft hoch zu krabbeln. Wenn die eigene Kraft nicht ausreicht, fallen wir zurück und schmeißen alles hin.

Wir können uns neu bewusst machen, dass alles, was uns ausmacht und was wir können, von Gott abhängig ist. Sein Ruf rief uns ins Leben, sein Ruf brachte uns bis hierher, sein Ruf kann uns weiterführen.

Um dieser Kraftquelle in uns nachzuspüren, brauchen wir Auszeiten. Mir hilft es, Glaubensgeschichten zu lesen von Menschen, die etwas mit Jesus erlebt haben. Das stärkt mich und zeigt mir, dass Gott kann. 

Vor ein paar Wochen gewann Eintracht Frankfurt den DFB-Pokal, das war ein großes Erlebnis. Nicht nur, weil ich die Eintracht mag, sondern weil mir dieser Sieg gezeigt hat, dass David gegen Goliath durchaus Chancen hat. Allerdings nicht, weil David so toll ist, sondern weil Vieles zusammenkommen muss – im Fall der Eintracht ein großer Teamgeist, begeistert unterstützende Fans und irgendwie ein bisschen glücklose Gegner. Auch in meinem Leben braucht es Gottes Zutun, dass ich aus den Löchern herausfinde, doch möglich ist es Gott immer.

2.Timotheus 1,6-8
Aus diesem Grund möchte ich dich an etwas erinnern: Fach doch das Feuer der Gabe Gottes wieder an. Es brennt in dir,
seit ich dir die Hände aufgelegt habe. Denn der Geist, den Gott uns geschenkt hat, lässt uns nicht verzagen. Vielmehr weckt er in uns Kraft, Liebe und Besonnenheit. Schäme dich also nicht, als Zeuge für unseren Herrn aufzutreten. Und schäme dich auch nicht für mich, weil ich seinetwegen in Haft bin. Sondern sei bereit, mit mir für die Gute Nachricht zu leiden. Gott gibt dir die Kraft dazu.

Maßnahmenkatalog
Paulus ist mit Timotheus zurück zum Anfang gegangen, er hat Timotheus – bildlich gesprochen – einen Tisch reich gedeckt und ihn sich stärken lassen. Nun führt er Timotheus weiter und weist ihn auf die Kraft des Heiligen Geistes hin, hier im Vergleich mit Wind, der ein Feuer anfacht.

Ganz praxisnah können wir uns ein Grillfeuer vorstellen. Die Kohlen liegen bereit und werden angefeuert. Eine Weile brennen die kleinen Anfachhölzchen, doch die Kohlen fangen einfach nicht richtig Feuer, die Würstchen bleiben kalt. Da hilft ein Blasebalg, der das Feuer mit seinem Gebläse anfacht. Bald schon glühen die Kohlen heiß, ideal für die Würstchen.

Glaube ohne den anfachenden Wind des Heiligen Geistes wird sterben. Paulus ermutigt Timotheus, die Gabe des Geistes, die er bekommen hat, wieder anzuschauen, ernstzunehmen und wirken zu lassen. Paulus ist sich sicher, dass Timotheus Jesus Hand wieder spürt, wenn er anderen von Jesus erzählt, seine Gemeinde aufbaut und mit seiner Gemeinde unterwegs ist zu den Menschen, die Gott brauchen. Verkriecht sich Timotheus auf Dauer, wird sein Glaube abkühlen. Er braucht den Wind.

Nun sind wir nicht alle solche Evangelisten, aber auch uns hat Gott durch seinen Geist in besonderer Weise begabt. Für irgendeine Aufgabe oder Herausforderung, für ein Thema oder eine Lebenslage schlägt unser Herz, da spüren wir, dass Gott uns da haben will. Wenn wir uns auf das Herzensthema einlassen, werden wir spüren, wie Jesus mit uns unterwegs ist, uns die Augen öffnet, die Hände führt und das Herz weit macht. Die Gemeinde ist die Erde, in der diese Gaben wachsen können.

Paulus sagt es ganz deutlich: Angst und Furcht will Gottes Geist vertreiben, stattdessen schenkt er Kraft, Liebe und Besonnenheit. Er macht fit, um die Berge des Lebens zu besteigen ohne abzustürzen. Die Kraft brauchen wir für jeden neuen Schritt. Die Liebe öffnet uns für die, die mit uns unterwegs sind, die wir unterstützen und die uns helfen weiterzukommen. Die Besonnenheit macht uns sensibel, wann Auszeiten nötig sind, wann wir die Oasen aufsuchen müssen, weil der Tank leer ist.

Paulus redet mit Timotheus, ganz persönlich und doch auch öffentlich, denn seine Hilfestellung gibt uns Anleitung, wenn es uns umhaut und wir uns in einem Loch wiederfinden. Zurück zu den Anfängen unserer Liebesbeziehung mit Jesus, uns an den gedeckten Tisch seiner Liebe setzen und den Wind des Heiligen Geistes durch unsere Seele fegen lassen – das hilft wohl auch uns.

Cornelia Trick


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