Gottesgeschenk (Prediger 2)
Erntedankgottesdienst am 05.10.2014 in Brombach

Liebe Gemeinde,
Erntedank ist ein Fest der Sinne. Wir riechen, schmecken, sehen und fühlen, dass es Gott gut mit uns meint. Wir sehen die gereiften Früchte, die eingebrachte Ernte, erinnern uns an gelungene Projekte, freuen uns, genug Geld zum Leben zu haben, und sind dankbar für unsere Gesundheit. 

Erntedank ist auch ein Fest des Aufatmens. Als wir noch alle Bauern waren, wussten wir bei diesem Fest: Es ist geschafft. Wir müssen nicht gleich weitermachen, sondern können innehalten und die Früchte des Jahres genießen. Das wollen wir uns heute wieder neu bewusst machen. Wir haben diesen Gedenktag zum Aufatmen, auch wenn es im Büro morgen wieder mit unvermindertem Tempo weitergeht. 

Erntedank sagt uns: Gott meint es gut mit dir. Er will deine Freude, er gönnt dir das Feiern. In Israel wurde das Erntedankfest, das sogenannte Laubhüttenfest, 8 Tage lang gefeiert. Es war eine Oase mitten im beschwerlichen Alltag. Gott gönnt uns nicht nur den heutigen Tag, von ihm aus können wir eine Woche Erntedank feiern, und die Erde würde sich vermutlich trotzdem weiterdrehen.

Sind Sie heute Morgen fröhlich und mit dankbarem Herzen in diesen Tag gestartet? Oder beschäftigt Sie noch dies und das, was zum Leben fehlen könnte, damit Sie richtig glücklich sind?

Ich habe heute einen Abschnitt aus dem Buch des Predigers Salomo mitgebracht. Diese Schrift ist in einer Zeit entstanden, als die alten Gleichungen nicht mehr stimmten. Der Gottesfürchtige wurde nicht reich, und der Gottlose ging nicht zugrunde. Gerade Menschen, die sich nicht mehr um Gottes Ordnungen kümmerten, wurden um das Jahr 200 vor Christus durch Aufkäufe von Land vermögend und gewannen an Ansehen. Die Frommen dagegen litten Not. War Gott nicht mehr auf der Seite der Gläubigen, oder hatte er sich ganz von seinen Menschen verabschiedet?

Der Prediger spricht auch in unsere Zeit. Warum sollten wir noch an Gott glauben? Man kann doch auch ohne die Anbindung an ihn gut leben. Das sehen wir in unserer Umgebung ständig.

Im zweiten Kapitel des Buches beschreibt der Prediger seine Suche nach Glück. 

Prediger 2,1-2

Ich entschloss mich, das Leben zu genießen und glücklich zu sein. Aber ich merkte: Auch das ist vergeblich! Das Lachen ist etwas für Narren, und die Freude – was bringt sie schon ein?

Er geht zunächst davon aus, dass er für sein Lebensglück selbst verantwortlich ist und es sich selbst verschaffen kann.

Prediger 2,3-11

Ich wollte am vollen Leben teilhaben wie die Menschen, die sich nicht um Weisheit und Einsicht kümmern; aber der Verstand sollte die Führung behalten. Ich trank Wein, um mich in Stimmung zu bringen, denn ich wollte erkunden, ob der Mensch während seiner kurzen Lebenstage irgendwo Glück finden kann. Ich vollbrachte große Dinge: Ich baute mir Häuser und pflanzte Weinberge. Ich legte Obstgärten an und pflanzte darin alle Arten von Fruchtbäumen. Ich legte Teiche an, um die vielen aufwachsenden Bäume zu bewässern. Ich kaufte mir zahlreiche Sklaven und Sklavinnen zu denen hinzu, die ich von meinem Vater geerbt hatte. Ich besaß mehr Rinder, Schafe und Ziegen als irgendjemand vor mir in Jerusalem. Ich füllte meine Vorratskammern mit Silber und Gold aus den Schätzen der unterworfenen Könige und Länder. Ich hielt mir Sänger und Sängerinnen und nahm mir so viele Frauen, wie ein Mann sich nur wünschen kann. So wurde ich mächtiger und reicher als alle, die vor mir in Jerusalem regiert hatten. Weil ich ein so großes Wissen besaß, konnte ich mir alles verschaffen, was meinen Augen gefiel, und ich versagte mir keine Freude. Mit all meiner Mühe hatte ich es so weit gebracht, dass ich tatsächlich glücklich war. Doch dann dachte ich über alles nach, was ich getan und erreicht hatte, und kam zu dem Ergebnis: Alles ist vergeblich und Jagd nach Wind. Es kommt nichts heraus bei aller Mühe, die sich der Mensch macht unter der Sonne.

1.Versuch: Mit allen Sinnen das Leben genießen
Der Prediger begann seine Suche mit seinen fünf Sinnen. Er zählte auf, wie er große Dinge getan hatte, alles anschaffte, was seine Augen sahen, er mit seinen Händen Paläste, Parkanlagen, Gärten baute und eine große Dienerschaft um sich herum scharrte. Frauen waren bei ihm und vergnügten sich mit ihm. Er versagte sich keine Freude und kam sich selbst fast göttlich vor, weil er so vieles hervorbrachte. Doch wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass alles nur ein Haschen nach Wind war. Nichts kam heraus bei aller Mühe. Sein Aufwand stand in keinem Verhältnis zur Freude, stattdessen spürte er in sich eine gähnende Leere.

Wenn wir heute auf eine große Ernte, auf Erfolge im Berufsleben, volle Auftragsbücher oder ein sattes Bankkonto schauen, ist das keine Garantie für Lebensfreude. Der eine Apfel, den man auf einer beschwerlichen Wanderung von einem Mitwandernden geschenkt bekommt, kann dankbarer machen als  Regale voller Äpfel im Supermarkt, die man sich ohne Mühe kaufen könnte.

2.Versuch: Geistiger Höhenflug

Prediger 2,12-16
Ich wollte wissen, ob bei Weisheit etwas anderes herauskommt als bei Unverstand und Torheit. Denn was wird der Mann tun, der mir auf dem Königsthron folgt? Bestimmt das, was man schon immer getan hat! Es stimmt: Weisheit ist besser als Unwissenheit, so wie Licht besser ist als Finsternis. Der Wissende sieht, wo er geht; der Unwissende tappt im Dunkeln. Aber ich erkannte auch: Beide trifft am Ende das gleiche Schicksal. Wenn es mir also trotz meiner Weisheit genauso ergeht wie den Unverständigen, weshalb bemühe ich mich dann so sehr darum? Und ich sagte mir: Auch das ist vergeblich. Kluge müssen doch genauso sterben wie die Dummen. Und man erinnert sich an die einen nicht länger als an die andern. Wie bald sind sie alle vergessen!

Offenbar konnte dem Prediger die Vergnügungsindustrie nicht weiterhelfen. So versuchte er es mit dem Anhäufen von Wissen. Er studierte, lernte und wollte mehr verstehen als andere. Er fand darin durchaus Befriedigung, aber Lebensfreude? Eine Fliege fiel ihm buchstäblich ins Essen und verdarb alles. Denn er wurde sich bewusst, dass er sterblich war. Sein Wissen verpuffte mit dem Tod.

Pierre Curie, der Entdecker des Radiums, war auf dem Heimweg von seinem Labor. Auf der Pariser Einkaufsmeile rutschte er aus, ein Laster zerdrückte seinen Kopf, er wurde noch in einen Hauseingang gezerrt, doch da verstarb er. Alles, was er in seinem Kopf als Wissen gesammelt hatte, war dahin. Das Leben um ihn herum aber ging weiter, auch ohne Pierre Curie. Und heute erinnern sich nur noch Lexika und Google an ihn. Der Prediger fasste seine Erkenntnis so zusammen:

Prediger 2,17

Da war mir das ganze Leben verleidet. Du kannst tun, was du willst, unter der Sonne – es ist doch alles vergeblich und Jagd nach Wind.

3.Versuch: Freude durch Geld und Besitz

Prediger 2,18-21
Auch der ganze Ertrag meiner Mühe war mir verleidet. Ich muss ja doch alles einem anderen überlassen, der nach mir kommt. Wer weiß, ob der auch den Verstand hat, es sinnvoll zu gebrauchen. Trotzdem wird er über alles verfügen, was ich mir mit solcher Anstrengung durch mein großes Wissen erworben habe. Auch das ist vergebliche Mühe! Da begann ich zu verzweifeln, weil ich mich für nichts und wieder nichts geplagt hatte. Da müht sich jemand ab mit Klugheit und Geschick und erreicht etwas; aber dann muss er es einem vererben, der keinen Finger dafür krumm gemacht hat. Auch das ist vergeblich und ein großes Übel!

Der Prediger probierte noch eine dritte Fährte aus. Würde ihm das Sammeln von Schätzen und Eigentum Freude bringen? Schon bald erkannte er auch hier die Fliege im Essen. Wenn er tot war, würden seine Erben lachen und den mühsam gesammelten Besitz verprassen. Nichts würde von dieser Lebensfreude für ihn übrigbleiben. Und so zieht der Prediger das Fazit:

Prediger 2,22-23

Was hat der Mensch am Ende von all seiner Anstrengung? Nichts als Sorgen und Plagen hat er sein Leben lang, selbst in der Nacht kommen seine Gedanken nicht zur Ruhe. Auch das ist vergebliche Mühe!

Man sollte meinen, dass der Prediger nur zwei Auswege aus seinem Dilemma hatte: Selbstmord oder Rückzug von der Welt an einen einsamen Ort. Doch er findet noch einen dritten Weg, der ihn überraschend doch noch zur Lebensfreude führt:

Prediger 2,24-26

Es gibt für den Menschen nichts Besseres als essen und trinken und genießen, was er sich erarbeitet hat. Doch dieses Glück hängt nicht von ihm selbst ab: Es ist ein Geschenk Gottes. Denn wer hat zu essen oder hat Grund zur Freude ohne ihn? Den Menschen, an denen Gott Gefallen hat, gibt er Weisheit, Wissen und Freude. Den anderen aber gibt er die Beschäftigung, zu sammeln und anzuhäufen, um dann alles denen zu schenken, die ihm gefallen. Auch hier wieder: Vergebliche Mühe und Jagd nach Wind.

Die Lösung ist: Wende dich dem gewöhnlichen Leben zu. Du kannst dein Paradies nicht selbst erschaffen. Eher tastend, nicht mehr vollmundig, klingen die Worte des Predigers. Die Lebensfreude findet er mitten im Alltag, mitten bei der Arbeit, mitten in den ganz normalen Herausforderungen des Lebens. Er lässt sich von Gott beschenken und nimmt sich nicht mehr das gewaltsam, was er zu brauchen meint. Er hat erkannt, dass er ohne Gott nichts essen, nichts trinken und nichts erarbeiten kann.

Gott ist die Nummer 1. Er schenkt uns das Leben und Freude daran. Für den Prediger war Gott damals noch eine eher abstrakte Größe. Er wusste vom Gott Israels, dass er gibt und nimmt und dass die Ungerechtigkeit dieser Welt für uns Menschen nur schwer mit Gottes Gerechtigkeit in Einklang zu bringen ist.

Uns hat sich Gott in Jesus Christus offenbart. Gott hat ein Gesicht bekommen, das er uns zuwendet, Jesus. Jesus spricht uns wie seinen Jüngern damals zu „Ich lebe und ihr sollt auch leben!“ (Johannes 14,19) Jesus will unser Leben, von ihm hängen wir ab. Wir sind mit ihm verbunden wie in einem Mobile. Sein Impuls von oben leitet uns, seine Güte lässt uns Freude erleben.

Heute können wir dankbar sein, weil er uns mitten in unseren ganz gewöhnlichen Lebensumständen seine Liebe zeigen will. Er schenkt nicht nur den Guten und Braven, die keine Fehler gemacht haben. Sondern seine Liebe gilt besonders denen, die nichts auf ihrem Guthabenkonto angesammelt haben, die mit leeren Händen hier her gekommen sind.  Er wird nicht unsere Konten füllen oder allem Mangel sofort abhelfen, sondern sagt zu: Ich bin bei dir, und mit mir wirst du leben, egal was deine Situation ist. Unsere Antwort darauf ist Lebensfreude aus Dankbarkeit.

Erntedank ist ein Tag zum Innehalten und Luftholen. Wir können dieses Gottesgeschenk, dass Jesus bei uns ist und bleibt, genießen. 

Als die Tschernobyl-Kinder im Sommer bei uns waren, verbrachten wir einen Tag mit ihnen im Opel-Zoo. Besonders eindrücklich war für mich ihre Freude im Streichelzoo. Die Tiere fraßen den Kindern die Möhren gierig aus der Hand. Sie drängten sich so eng um die Kinder, dass die teilweise richtig Angst vor den kleinen Ziegen bekamen.

Vielleicht ist das ein Bild für uns. Unser himmlischer Vater hat alles in der Hand, was wir zum Leben brauchen. Er will es uns schenken. Wir dürfen uns um ihn scharen und ihm das Gute aus der Hand nehmen, jeden Tag neu. Er freut sich darüber, wenn wir es bei ihm suchen und finden und uns darüber von ganzem Herzen freuen. Manchmal auch 8 Tage lang wie das alte Israel.

Cornelia Trick


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