Erfüllt von Gottes Geist
Gottesdienst am 23.05.2010

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder,
das Pfingstwunder geschieht, die Jünger werden von Wind und Feuer mitgerissen. Wie ein tropischer Regensturm fegt der Heilige Geist über sie hinweg und lässt die Jünger für Jesus entbrennen. Was bis jetzt tief in ihrem Inneren verborgen war, ihr Wissen um Jesus und seine Auferstehung, drängt durch den Heiligen Geist nach außen. Sie erzählen anderen von Jesus, und alle, egal welche Sprache sie sprechen, verstehen es. Doch sie kommen noch nicht zum Glauben. Im Gegenteil, sie erklären sich die veränderten Jünger mit übermäßigem Alkoholkonsum. Erst die Predigt von Petrus führt zur Frage: „Was sollen wir tun?“, zur Erkenntnis, dass dieser Jesus etwas mit dem Leben der Zuhörenden zu tun hat, und zu dem Wunsch, auch in Gottes Machtbereich leben zu dürfen.

Apostelgeschichte 2,14-18

Da trat Petrus auf mit den Elf, erhob seine Stimme und redete zu ihnen: Ihr Juden, liebe Männer, und alle, die ihr in Jerusalem wohnt, das sei euch kundgetan, und laßt meine Worte zu euren Ohren eingehen! Denn diese sind nicht betrunken, wie ihr meint, ist es doch erst die dritte Stunde am Tage; sondern das ist's, was durch den Propheten Joel gesagt worden ist (Joel 3,1-5): »Und es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Alten sollen Träume haben; und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie sollen weissagen. Und ich will Wunder tun oben am Himmel und Zeichen unten auf Erden, Blut und Feuer und Rauchdampf; die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe der große Tag der Offenbarung des Herrn kommt. Und es soll geschehen: wer den Namen des Herrn anrufen wird, der soll gerettet werden.«

Die Pfingstpredigt des Petrus fasziniert mich. In langen Passagen erklärte Petrus den Zuhörenden, was Gott durch die Propheten verheißen hatte, wie schon Zeugnisse der Psalmdichter auf Jesus hingewiesen hatten und wie die Andeutungen auf Jesus zu beziehen sind. Petrus holte die Leute bei ihren Vorkenntnissen ab. Er wusste, dass die zum Laubhüttenfest beim Tempel Versammelten ihre Bibel kannten. Er setzte voraus, dass sie den Schriften glaubten und die Verheißungen ernst nahmen. Er wälzte nicht Fragen wie: Gibt es überhaupt Gott? Brauchen wir einen Gott? Das stand für die Besucher des Tempels damals außer Frage. Er erklärte ihnen aber darüber hinaus, dass Jesus genau der war, auf den das Volk Israel schon so lange wartete. Er zeichnete Jesus ein in die Geschichte des Volkes Israel. Er verdeutlichte, dass Jesus schon immer Thema für sie war und nun an diesem Pfingsttag endlich für alle erkennbar geworden ist durch Gottes Geist.

Die Pfingstpredigt des Petrus inspiriert mich zu einem großen Blickwinkel. Der Heilige Geist des Pfingstfestes hat wie Jesus Vorgeschichte. Er lässt sich rückverfolgen bis vor die Schöpfungsgeschichte und wird in seinem Wirken erst verstehbar, wenn wir ihn nicht als gerade vom Himmel gefallen erkennen, sondern sein Wirken über die lange Zeit verfolgen.

Der Heilige Geist, wer er ist

Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser.“ (1.Mose 1,1-2), so beginnt die Bibel. Der Heilige Geist war an Gottes Schöpfung beteiligt wie auch Jesus (Kolosser 1,15-17). Er rief Neues ins Leben, verwandelte Chaos in Ordnung und blies den ersten Menschen den Lebensatem ein. Dieses Wirken des Geistes ist bis heute erfahrbar. Wo Gottes Geist einen Menschen erfüllt, geschieht eine neue Geburt. Der begeisterte Mensch erlebt Befreiung aus Abhängigkeiten und Gewohnheiten, er spürt die ordnende Kraft in Beziehungschaos und Lebenskrisen. Er bekommt neuen Atem, der ihn an Gottes Kraftquelle anschließt. 

In der Zeit des alten Israel gab Gott diesen Heiligen Geist in bestimmten Situationen bestimmten Menschen für bestimmte Aufgaben, wie das in der Richterzeit ganz besonders auffällt. Gott gab seinen Geist einzelnen Männern oder Frauen, um Entscheidungen treffen zu können und in Gebietskämpfen bestehen zu können. Der Heilige Geist, so können wir daraus schließen, ist nicht in erster Linie zur eigenen Erbauung gedacht, sondern um Gottes Sache voranzubringen. Er beschenkte damals die Jünger mit seinem Geist, um sie zur Weltmission zu befähigen. Und er gibt uns heute Heiligen Geist, um für ihn einzutreten, seine Gemeinde zu bauen und Menschen mit ihm in Kontakt zu bringen.

Doch Gottes Geist sollte nicht nur ein Geschenk für Einzelne bleiben. Die Propheten in der Zeit der babylonischen Eroberung und des Exils, Jeremia und Hesekiel, sahen eine neue Zeit kommen. Gott wollte das Gesetz ins Herz seiner Menschen schreiben. Es sollte nicht mehr wie ein Proviantrucksack auf dem Rücken mitgeschleppt werden, der irgendwann zu schwer und abgeworfen wird. Der Proviant sollte gegessen werden und als Nahrung neue Kraft für die Wanderung geben. Das Gesetz sollte ins Herz wandern und dort zur Entfaltung kommen als Heiliger Geist, der in Gottes Sinne den Menschen verändert. 

Die von Petrus zitierte Passage aus Joel 3 weist voraus auf Jesu Geburt. Das Zeitalter des Geistes bahnt sich an. Zu Jesu Geburt ist vermehrt Gottes Geist am Wirken. Von Maria, Elisabeth, Zacharias, Simeon und Hanna wird berichtet, wie sie vom Geist Gottes erfüllt und bewegt wurden, Gott lobten und Prophetien aussprachen. 

Johannes der Täufer wies auf Jesus hin und zeigte seine Verbindung zu Jesus und dem Heiligen Geist. Er taufte, doch es war noch wie eine Reinigung. Die Getauften wurden rein vor Gott, aber nicht mit Neuem beschenkt, das geschah erst durch die Begegnung mit Jesus und durch das Pfingstfest. Die von Johannes Getauften waren wie ein trockener, harter Schwamm, der ins Wasser geworfen wird. Das Wasser wäscht ihn äußerlich ab, aber erst nach einiger Zeit saugt sich der Schwamm voll mit Wasser, so voll, dass er Wasser wieder abgeben kann. Der Heilige Geist dringt in den Menschen ein, macht ihn weich und aufnahmebereit und lässt ihn zum Verkünder der guten Botschaft werden.

Jesus selbst kündigte den Heiligen Geist an. Beim Laubhüttenfest in Jerusalem, bei dem an das Wasserwunder des Mose in der Wüste erinnert wurde, bezog er diese WasserströmeWildbach - Strom lebendigen Wassers auf den Heiligen Geist. Wer an ihn glaubt, wird mit diesem Wasser getränkt, das Gottes Geist ist, und wird selbst zu einem Strom, der Wasser weitergibt.

Pfingsten geschah am Tag des Laubhüttenfests. Das Datum war kein Zufall, Jesus hatte es vorausgesagt. Wasser des Lebens kommt von Jesus und will uns durchströmen, lebendig für Gott machen: „Da er nun durch die rechte Hand Gottes erhöht ist und empfangen hat den verheißenen heiligen Geist vom Vater,  hat er diesen ausgegossen, wie ihr hier seht und hört.“ (Apostelgeschichte 2,33)

Das Zeitalter des Geistes begann mit Pfingsten und dauert an, bis Jesus an seinem Tag wiederkommt und alle retten wird, die diesen Geist haben.

Der Heilige Geist, was er bewirkt

Durch die neue Geburt durch den Heiligen Geist werden wir in Gottes Familie aufgenommen. Wir haben zu Gott nun ein ganz nahes Verhältnis, dürfen ihn „Abba“ nennen, eine Koseform des Vaternamens auf hebräisch, was bei uns „Papa“ bedeutet. Um von Gott gehört zu werden, müssen wir nicht erst Krawall machen, als ob wir in einem leeren Haus eingeschlossen wären und panisch um Hilfe schrieen. Wir können flüstern, lautlos beten, singen oder schweigen, unser Vater, der uns auch mütterlich liebt, hört uns, achtet auf uns, ist ständig auf Empfang. Auch wenn wir die Verbindung unterbrechen, von seiner Seite bleibt sie bestehen. Was in dieser neuen Familie auch geschieht, wir verstehen den Vater. Wir sprechen die gleiche Sprache, der Heilige Geist ist der Übersetzer, der uns Gottes Willen deutlich macht und unsere Bitten und Anliegen vor Gott bringt. Wir werden in dieser Familie Gottes nicht mehr allein sein, der Vater ist mit uns und sorgt für uns.

Wie in jeder Familie bildet sich allmählich eine Familienähnlichkeit heraus. Der Heilige Geist formt nach Jesu Vorbild. Ein christlicher Lebensstil bedeutet, dass Gottes Geist den Lebensstil formt, Liebe, Geduld, Gelassenheit, Demut und vieles Andere schenkt und zur Entfaltung bringt. 

Die Familienmitglieder werden zu Brüdern und Schwestern Jesu und zu Geschwistern untereinander. Ein Netz von Beziehungen entsteht, wo Menschen sich ergänzen und mit ihren Gaben Gott die Ehre geben. Als ob die Geschwister ein gemeinsames Projekt managen und jede und jeder eine ganz spezifische Aufgabe in diesem Projekt bekommt – vom Planen bis zum Catering bei Sitzungen – so leben Geschwister in einer Gemeinde zusammen, die der Heilige Geist zusammenführt.

Die Familie ist auf Wachstum angelegt. Natürlich sollen die Brüder und Schwestern innerlich wachsen und reifer werden, immer mehr Gottes Willen erkennen und umsetzen, immer mehr dem Heiligen Geist Raum geben. Aber Wachsen bedeutet auch, dass Neue hinzukommen, die sich in diese Familie einladen lassen und die eine neue Geburt durch den Heiligen Geist erfahren.
Der Heilige Geist verändert grundlegend. Er lässt in ein neues Beziehungsgeflecht hineinwachsen, er öffnet das Herz für Gott und schenkt Vertrauen zum Vater im Himmel.

Der Heilige Geist in unserem Leben

Die Leute, die der Pfingstpredigt des Petrus zugehört hatten, riefen: „Was sollen wir tun?“ Und Petrus antwortete: „Lasst euch taufen und kehrt um – lasst euch aufnehmen in Gottes Familie, da gehört ihr hin.“ 

Rufen wir heute auch: „Herr, was sollen wir tun?“ Oder sind wir eher wie der Gasboiler aus meinen Studentenjahren? Die Zündflamme brannte die ganze Zeit, aber davon wurde das Wasser noch nicht warm. Erst wenn man den Schalter umlegte, legte der Boiler los und produzierte warmes Wasser. Vielleicht sind wir so an die Zündflamme gewöhnt, dass wir gar nicht merken, wie sich heißes Wasser anfühlt. Wir sind zufrieden, den Funken des Heiligen Geistes zu haben und die Option zu besitzen, auch mal voll aufzudrehen. Aber das ist nicht unser Alltag, da haben wir es lieber ruhiger und vom Geist ungestörter. 

Pfingsten rüttelt uns auf. Da bietet Gott uns Ströme lebendigen Wassers wie Wasser in der Wüste an, und wir sollten nicht zugreifen? Da werden wir neu geboren, in eine fantastische, vom Himmel inspirierte Familie hineingeboren, und wir finden das langweilig? Sollte unser erstes Gebet heißen: „O komm, du Geist der Wahrheit, und kehre bei uns ein“? Dass wir diesen tropischen Regensturm wieder ganz neu spüren? Vielleicht stehen wir auch an einem anderen Punkt, die Zweifel halten unser Feuer im Schach. Wir dürfen beten mit der Verheißung Jesu: „Wer bittet, dem wird gegeben, wer sucht, der findet, wer anklopft, dem wird aufgetan(Lukas 11,5-13) Wir dürfen beten um Mut in Angst machenden Situationen und um Geduld, wo wir eigentlich schon längst aufgeben wollen. Gottes Geist will nicht Zündflamme in unserem Leben bleiben, sondern sich entfachen und uns durchfluten wie den Schwamm, der nicht lange trocken bleibt.

Das Abendmahl, das wir jetzt feiern, ist Jesu Angebot, uns zu durchströmen mit seinem Geist und alles von uns zu nehmen, das uns von ihm abhält. Was er von uns erwartet, ist unsere Bereitschaft, ihn an uns wirken zu lassen, ihn zu loben und von ihm weiterzuerzählen wie die Jünger am ersten Pfingsttag.

Cornelia Trick


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