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Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
Der Einkaufsbummel kam mir in den Sinn, als ich einen Abschnitt aus dem zweiten Brief des Paulus an die Korinther las. Denn an dieser Stelle sagt Paulus von sich, dass er ein Windlicht ist. Das Licht in ihm angezündet hat Gott selbst, er ist das Gefäß, durch das Licht in die Umgebung abstrahlt. Und er beschreibt zwei Aufgaben, die er als Windlicht hat:
Windlichter Gottes Gottes Licht brauchen wir ganz nötig zum Leben, so stellt Paulus es kurz und knapp fest. Er zündet dieses Licht in unserer Seele an und schenkt uns damit Orientierung. Denn nun können wir Gottes Herrlichkeit sehen, die in Jesus Mensch geworden ist. Das Licht in unserer Seele, das Gott selbst entzündet, lässt uns Jesus erkennen. Wir sind wie die gekrümmte Frau, von unseren Lebenslasten gebeugt, wie der Gelähmte, auf unserer Trage festgehalten von den bedrückenden Erfahrungen unseres Lebens. Wir sind wie der Blinde an der Straße und haben längst den Durchblick in unserem Leben verloren. Vielleicht sind wir sogar die tote Tochter des Jairus, wir selbst können nicht mehr um Hilfe bitten, weil wir jede Hoffnung verloren haben. Da schenkt Gott uns Licht. Jesus spricht uns ganz persönlich an. Er nimmt uns die Lasten ab, er legt uns die Hand auf, er vergibt uns unsere Schuld, er richtet uns auf und öffnet uns die Augen. "Nimm dein Bett, steh auf und geh. Deine Sünden sind dir vergeben." Das ist nicht eine Zusage aus 1001 Nacht, sondern geschieht, wenn Jesus uns begegnet. Er macht den Weg in die Zukunft frei, weil nichts uns mehr lähmen und drücken muss und sein Licht unseren weiteren Weg bescheint. Licht im Dunkeln zu haben, kann auch sehr praktische Folgen haben. Es ist nicht mehr egal, welchen Weg ich gehe. Jesus will mich in seine Richtung führen. Sein Weg ist anders als der Mainstream unserer Gesellschaft. Er leitet nicht an zum Glücklichsein auf Kosten anderer, zum geilen Geiz und zur Gier nach mehr. Er leitet an zur Nachfolge, alles andere tritt dahinter zurück. Sehr persönliche Konsequenzen kann das haben. Eine junge Frau verzichtet auf die Beziehung zu einem Mann, der noch mit seiner Freundin zusammen ist, weil sie Jesus vor sich sieht, der ihr Glück schenken will, aber nicht auf dem Rücken der verletzten Freundin. Ein Angestellter verzichtet auf einen lukrativen Nebenjob, weil er dann seine Aufgaben in der Gemeinde nicht mehr ausüben könnte. Ein junges Paar kommt Sonntag Morgen in die Kirche, obwohl ihre Bekannten sie hartnäckig zum Brunch einladen und auch das Bett sehr einladend am Sonntag Morgen ist. Wer will nicht Windlicht sein? Bürgerlichkeit: Eine Bekannte führt ein völlig unauffälliges Leben. Sie ist in der Kirche Mitglied, hat eine intakte Familie, eine Arbeitsstelle, die ihr Freude macht, genug Geld für ein angenehmes Leben mit Urlaubsreisen und eigentlich keine Probleme. Sie empfindet sich als eine gute Christin und steht auf dem Standpunkt "wer am Sonntag Morgen schläft, sündigt nicht". Natürlich spendet sie außer der Kirchensteuer noch für karitative Zwecke. Wenn ich sie auf den Glauben an Jesus Christus anspreche, scheint sie wie immunisiert zu sein. Es perlt an ihr ab. Klar, die Bibel kennt sie vom Konfirmandenunterricht. Sie erwartet aus dieser Quelle nichts Neues. Die ist für sie abgehakt. Und wenn sie mal wirklich Probleme hat, dann meint sie, könnte sie ja immer noch in die Kirche gehen und beten. Das reicht völlig. Ich frage mich, ob meine Bekannte leichter Jesus erkennen könnte, wenn sie nicht in jungen Jahren den Eindruck gewonnen hätte, ein guter Christ sei jemand, der schläft und nicht sündigt. Sie wäre vielleicht neugierig und hätte nicht das Gefühl, schon alles zu wissen. Ihre guten Lebensumstände führen sie nicht an die Existenzfrage, wo sie nach letztem Halt sucht. In ihrem Leben scheint Jesus überflüssig zu sein. Geschäftigkeit: Die Krabbelgruppen in unserem Ort sind voll belegt mit Wartelisten. Alle Gruppen finden in Kirchen statt. Auch in unserer Kirche traf sich bis letzten Sommer eine Gruppe, die schier aus den Nähten platzte. Die jungen Mütter hatten Zeit. Sie suchten einen Ort, an dem sie mit ihren kleinen Kindern willkommen waren, Kontakt fanden und sich über ihren Alltag austauschen konnten. Gern nahmen sie die kleinen Andachten meiner Kollegin mit, das gab ihnen das Gefühl, ihren Kindern etwas Gutes zu tun. Denn bei uns scheint Gott hauptsächlich für Kinder gut zu sein. Die Kindergärten haben kirchliche Träger, die Schulanfangsgottesdienste werden rege besucht. Wenn die Pfarrerin während der Schulzeit in Urlaub ist, empören sich die Eltern lautstark über den ausfallenden Religionsunterricht. Die gleichen Eltern sitzen sonntags nicht im Gottesdienst. Sie sind anderweitig beschäftigt. Und auch die Mütter der Krabbelgruppe verschwinden aus dem Dunstkreis der Kirche, sobald die Kinder im Kindergarten sind. Ist das normal, dass Gott nur bei Kindern Lichter anzündet, die dann durch Geschäftigkeit schon früh wieder erstickt werden? Und wie ist es mit unserer eigenen Geschäftigkeit? Besteht nicht bei uns genauso die Gefahr, dass das Licht in uns ausgeht, weil wir zuviel Wind um uns verbreiten? Das Licht, das Gott in uns anzündet, will beachtet und gepflegt werden. Es braucht ein paar ruhige Minuten am Tag, um Jesus nahe zu sein und ihn wieder deutlich zu erkennen. Gewohnheit: Einer Studie nach haben 80% der engagierten Christen vor ihrem 18. Lebensjahr zu Jesus Christus gefunden. In einer sehr frühen Lebensphase, als noch wenig festgelegt war, haben sie sich dafür entschieden, ihr Leben an Jesus auszurichten und ihm die erste Priorität zu geben. Diese jungen Menschen haben die ganz große Chance, ihren Beruf unter dem Aspekt auszusuchen, ob er mit ihrem Glaubensleben zusammen passt. Sie können ihren Lebenspartner oder ihre Partnerin danach aussuchen, ob er oder sie sie im Glauben unterstützt. Sie können ihre sozialen Beziehungen aufbauen mit Menschen, die wissen, dass sie Christen sind. Sie werden Gewohnheiten ausprägen, die ihnen helfen, ihren Glauben auch in schwierigen Zeiten zu leben. Wer erst später zum Glauben kommt, findet sich wieder in einem engmaschigen Netz von Abhängigkeiten, die nicht unbedingt leicht mit dem Glauben vereinbar sind. Die engsten Partner und Freunde sind keine Christen und verstehen den Weg nicht. Sie fühlen sich in dem Moment zurückgesetzt, in dem Jesus die erste Stelle einnimmt. Bei einigen ist das Wochenendritual mit einem Gemeindeleben nicht vereinbar. Wer jedes Wochenende in der Weltgeschichte rumreiste, wird nicht von heute auf morgen sonntags morgens begeistert in der Ortsgemeinde sitzen. Wer die Nächte gerne durchfeierte, wird sonntags um 10.00 Uhr Schwierigkeiten haben, einen klaren Gedanken zu fassen. Wer sein Geld für Fun und Coole Action ausgab, dem wird es weh tun, 10% davon Gott zur Verfügung zu stellen. Ganz abgesehen davon, dass der Rest der Familie da ja auch mitreden will. Gewohnheiten können davon abhalten, Jesus, das Licht, ins Leben einzulassen. Sie sind oft stärker als verstandesmäßige Entscheidungen. Kein Wunder, dass nur 20% der Christen als Erwachsene zu Jesus gefunden haben. Sie mussten ihr Leben gegen alle liebgewordenen Gewohnheiten auf den Kopf stellen. Gott zwingt uns nicht sein Licht auf. Wer seine Kerze wegschließt, wird nicht zwangsbekehrt. Aber er macht auch heute wieder ein Angebot. Sein Licht macht es hell auch in Ihrem Leben. Windlichter haben eine Aufgabe Dienen: Jesus war der Meister, seine Jünger waren seine Schüler. Der Meister beugte sich herab, um den Schülern die Füße zu waschen. Das ist unsere Leitlinie. Wir sind alle gerne Meister und Meisterinnen. Wir lieben es, wenn andere uns bestaunen und von uns Weisung erwarten. Können wir auch die Rollen vertauschen und uns in den niederen Diensten wiederfinden? Nach einem Gemeindetag die Toiletten schrubben, Abfall vom Parkplatz aufheben und die Essensreste von den Tellern entsorgen? Können wir das wirklich und tun es dann auch hin und wieder? Es rückt wieder die Perspektive zurecht. Wir sind als Christen glaubwürdig, wenn wir uns zu unseren Mitmenschen herab beugen, nicht wenn wir sie von oben herab behandeln. Lieben: Manchmal gehen wir liebevoller mit unseren Pflanzen um als mit unseren engsten Mitmenschen. Wer von uns würde eine Pflanze in einen engen Schlauch quetschen, dass sie steil nach oben wächst? Wir sind doch vielmehr gespannt auf ihre Entfaltung und freuen uns auf ihre ganz individuelle Form. Unsere Lieben stecken wir schon mal in einen engen Schlauch. Wir wollen, dass sie sich so entwickeln, wie wir es gerne hätten, steil nach oben. Aber Lieben heißt nicht beherrschen. Lieben heißt annehmen, Geduld haben, das Wachsen begleiten und fördern, aber nicht erzwingen. Vergeben: Wir hatten gestern eine interessante Unterhaltung im Auto. Es ging um ein Mädchen, das sich unmöglich verhalten hatte und dem sein Verhalten jetzt von der Klasse heimgezahlt wurde. Auf einmal warf jemand in die lebhaften Schilderungen ein: Was würde wohl Jesus dazu sagen? Stille. Ja, meinte dann die Erzählerin, der würde wohl vergeben und ganz nett zu dem Mädchen sein. Wir unterhielten uns dann noch eine Weile darüber, was Jesus tun würde. Er ist ja nicht einfach immer lieb. Aber er rächt sich nicht. Das ist der große Unterschied. Er will nicht, dass jemand fertig gemacht wird, sondern dass er umkehrt und einsieht, dass er sich falsch verhalten hat. Windlichter sind gefährdet So können wir Paulus Erfahrungen auch auf unser Leben übertragen. Wo wir mit Jesus leben, wird es nicht unbedingt einfacher. Durch vielfältige Umstände werden wir in die Enge getrieben. Berufliche Anforderungen und die Erwartungen der Familie drohen uns zu ersticken. Sackgassen wie Arbeitslosigkeit, Scheidung und Tod führen an die Grenze, Leute reden schlecht über uns, wir fühlen uns von ihrem Geschwätz verfolgt und können nicht entkommen. Krankheit wirft uns nieder. Es sind Erfahrungen die uns in Jesu Nähe bringen. Sein Sterben wird in unserem Leben nachgezeichnet. Dies ist Paulus Seelsorge an uns. Er redet nicht vom hohen Ross. Er erfährt das Leiden am eigenen Leib. Er ermutigt uns, daran nicht irre zu werden, sondern es als Hinweis zu sehen, dass wir mit Jesus unterwegs sind. Und wie Jesus nach drei Tagen auferstanden ist am Ostermorgen, so ist seine Zusage auch über unserem Leben. Es gibt Hoffnung. Wie an seinem Sterben, so werden wir auch an seinem Leben teilhaben. Seine offensive Kraft des Lichts vertreibt die Dunkelheit. Sie vertreibt unsere Schatten, Verfolger und Angreifer. Seine Kraft ist jetzt schon wirksam in der Gemeinschaft der Gemeinde, der Seelsorge aneinander, in der persönlichen Begegnung von Tag zu Tag. Seine Kraft trägt uns und lässt uns ihm vertrauen als seine Windlichter in dieser Welt. Cornelia
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