Ein kurzes Atemholen (Psalm 8)
Gottesdienst am 29.9.2019 in Brombach

Liebe Gemeinde,
in einer Kindergruppe saßen wir zusammen. Thema war Gottesdienst, wer im Mittelpunkt steht, wie die Kinder ihn erleben, und was ihnen besonders wichtig ist. Ich fragte die Kinder nach ihrem Lieblingsgottesdienst. Verblüfft war ich über ein Mädchen, das antwortete: „Erntedank-Gottesdienst, den mag ich am liebsten. Da sieht es so schön aus in der Kirche, alles ist bunt, es riecht so lecker, und anschließend kann man sich was von dem Obst und Gemüse mitnehmen.“ Die anderen in der Runde bestätigten das, auch für sie war es ein wichtiges Fest, um sich Gott ganz nahe zu fühlen. 

Vielleicht ist die Kindergruppe ja ein Anstoß für uns, nachzudenken, ob dieses Danke-Fest auch unser Lieblingsfest werden könnte. Denn Anlass dazu gibt es genug:

  • Wir staunen über Gott und was er für uns tut, jedes Jahr aufs Neue.
  • Die Ernte ist jetzt eingebracht, deshalb dürfen wir Atemholen.
  • Dankbar können wir wertschätzen, dass Gott für uns sorgt.
  • Nun können wir den Blick nach vorne richten und uns orientieren, wie es weitergeht.
Die Kinder unserer Kinderkirche bereiten sich schon seit Schuljahresbeginn auf dieses Fest vor. Sie betrachteten die Schöpfungsgeschichte und sammelten dabei alles, was Gott uns geschenkt hat als Lebensgrundlage.

Dazu passt ein Psalm, in dem David die Größe Gottes besingt, seine Taten in der Schöpfung preist, zum Nachdenken einlädt und sich selbst vergewissert, wie Gott zu den Menschen steht.

Psalm 8
Für den Chorleiter. Zu spielen auf dem Musikinstrument aus Gat. Ein Psalm, mit David verbunden.
HERR, unser Herrscher, wie machtvoll klingt dein Name auf der ganzen Erde! Deine Herrlichkeit strahlt über dem Himmel auf! Dem Geschrei von Säuglingen und Kindern hast du Macht verliehen über deine Widersacher. Feinde und Rachgierige werden ferngehalten. Schaue ich hinauf zum Himmel, staune ich über das Werk deiner Finger. Betrachte ich den Mond und die Sterne, die du dort oben befestigt hast, so frage ich: Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst? Wie wertvoll ist das Menschenkind, dass du dich um es kümmerst? Kaum geringer als Gott – so hast du den Menschen geschaffen. Du schmückst ihn mit einer Krone – sie verleiht ihm Herrlichkeit und Würde. Die Werke deiner Hände hast du ihm anvertraut. Alles hast du ihm zu Füßen gelegt: Schafe, Ziegen und Rinder – alle zusammen, und dazu die wilden Tiere auf dem Feld. Die Vögel am Himmel und die Fische im Wasser und was sich sonst in den Meeren bewegt. HERR, unser Herrscher, wie machtvoll klingt dein Name auf der ganzen Erde!

Der Blick nach oben
Vielleicht war David mal wieder auf der Flucht vor König Saul. Er lag in seinem Zelt in der Wüste, konnte nicht schlafen und trat vor das Zelt, ließ seinen Blick nach oben schweifen und entdeckte den Sternenhimmel über sich. Er selbst fühlte sich allein, gehetzt, überfordert, bedroht von Feinden. Doch der Blick nach oben unterbrach seine Gedankenspiralen. Er nahm Gott wahr. Gott, der das Weltall geschaffen hatte, Sonne, Mond und Sterne, der den kleinsten Säugling ins Leben gerufen hatte. Der dem Säugling mit seinem Schreien so viel Macht gegeben hatte, dass selbst mächtigste Herrscher sich von Babyschreien erweichen ließen, dieser Gott kümmerte sich offensichtlich um die fernsten Galaxien und um das kleinste Menschenkind. 

David stand zwischen Himmel und Säugling und wusste sich aufgehoben. Dieser Gott würde auch ihn sehen und für ihn sorgen, ihm eine Zukunft eröffnen.

Neben David können wir uns heute stellen. Egal, ob wir uns gerade in einer persönlichen Wüstenzeit fühlen, ob wir gejagt werden oder uns verfolgt fühlen, ob wir allein sind oder um die Zukunft ringen, Gott hat uns geschaffen und weiß, was wir brauchen. 

Der Gottesdienst heute bedeutet Innehalten und Erinnern, wo wir Gottes Gegenwart gespürt haben. Wo wir seine Liebe erlebt haben, vielleicht gerade in den Wüstenzeiten, in denen wir sie nicht erwarteten. 
Die Früchte des Erntedanktisches sind Symbole für alles, was uns das Leben ermöglicht, Brot, Arbeit, ein Dach über dem Kopf, Geld.

Die Blumen des Erntedanktisches sind Symbole für die weichen, oft nicht messbaren und sichtbaren Lebensmittel: Beziehungen, Begegnungen, Menschen, die guttun, die begleiten und trösten, die uns umarmt haben und uns nahe bleiben.

Gott handelt oft mittelbar und begegnet uns in unseren Mitmenschen. 

Vor ein paar Wochen bekam ich eine überraschende Karte von einer Kollegin. Sie schrieb einfach, dass sie mir danken wollte für die Wegbegleitung. Ich habe mich so darüber gefreut. Eine Überraschung mitten im Alltag war das, die den Tag veränderte. Die Kollegin nahm in unserer Begegnung Gott wahr, sie spürte, wie er uns zusammenführte, und ermutigte mich mit ihrer Karte, selbst nach Gottes Handschrift in meinem Alltag Ausschau zu halten.

Aus Dank wächst Kraft
David staunte, dass Gott ihn zum Mitarbeiter berief. Eine Krone hat Gott den Menschen verliehen, so formulierte er. Ich stelle mir das so vor, dass Gott uns mit T-Shirts einkleidet, die sein Logo tragen, die Krone. So wie ein Freund, der bei Rewe angestellt ist, seinen Rewe-Kittel bei der Arbeit trägt. Wir tragen die Krone Gottes und werden beteiligt an Gottes Arbeit. Der sorgt für seine Schöpfung, so sollen wir es auch tun. David zählt die Tiere seines Lebensraumes auf. Von Klimakrise wusste er noch nichts, sonst hätte er sicher noch viel mehr aufgezählt, wofür wir Menschen von Gott Verantwortung übertragen bekamen. 

Erntedank, diese kleine Pause zwischen Ernten und neuem Säen, ist ein Atemholen. Wir gewinnen neue Orientierung. Wir sind nicht auf der Flucht. Die Mächte dieser Welt treiben uns nur scheinbar vor sich her. Eigentlich sind wir berufen, uns um das zu kümmern, was Gott wichtig ist, für seine Schöpfung zu sorgen. Wahrscheinlich war dieses Thema noch nie so aktuell wie heute. 

Vor ein paar Wochen war ich zu Besuch bei einer Bekannten mit großem Garten. Sie war gerade fußkrank, wollte mir aber von ihrem Salat mitgeben. So schickte sie mich mit Messerchen zu dem Salatbeet und meinte, ich solle mir den Pflücksalat ruhig abschneiden. Das tat ich. Als wir uns einige Tage später sprachen, meinte sie: „Warst du das, die den Pflücksalat so radikal zerstört hat?“ Ich erschrak richtig, war es doch ihre Bitte an mich, ihn zu ernten. Das Problem dabei war nur, dass ich die Pflanzen achtlos geköpft hatte, statt jedes einzelne Blatt abzureißen. So konnten sie nicht mehr weiterwachsen und gingen ein. Obwohl es mir richtig leidtat, konnte ich die Pflanzen nicht mehr zum Leben erwecken. 

An diese paar Sekunden Salatbeet-Zerstören denke ich. So ist unser Umgang mit Gottes Schöpfung. Wir nehmen unseren Auftrag schon ernst, die Erde zu bebauen und zu bewahren. Aber wir tun es achtlos, wir beuten aus, statt auf die Ressourcen zu achten. Wir pflücken mehr, als unserer Schöpfung gut tut, wir köpfen, wir bringen ein Gleichgewicht aus dem Lot, das überlebenswichtig ist.

So staunen wir mit David über Gottes Güte, die wir auch nach einem trockenen und heißen Sommer erleben dürfen. Doch wir spüren auch den Anspruch, den Gott an uns hat. Wir tragen seine Krone und sollten in seinem Sinne agieren. Das kann im persönlichen Bereich sein, in unserer Umgebung wirksam werden und politische Einflussnahme bedeuten.

Hoffnung als Grundmelodie des Glaubens
David beendet sein Lied mit einem Lob des Schöpfers. Gott hat die Macht und das Sagen. Weil er es gut mit uns meint, können wir ihm vertrauen. 

Jesus hat uns diesen Zuspruch persönlich gegeben, sozusagen von Mensch zu Mensch. Er spricht unsere Sprache und gibt uns zu verstehen, dass er unsere Situation wahrnimmt, sich um sie kümmert, unsere Hand nicht loslässt. Er will unser Wanderfreund sein, der mit uns den Lebensweg meistert, und er weiß, wohin die Reise geht, besitzt eine Eintrittskarte in den Himmel bei Gott und nimmt uns mit. Das gibt uns Sicherheit und hilft uns, die vielen Aufgaben anzupacken, die sich uns heute gerade auch im Bereich von Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung stellen.

Erntedank ist ein Atemholen. Wir dürfen heute genießen, was Gott uns geschenkt hat. Wir dürfen Kraft tanken und dann weitergehen, uns einsetzen für das, was Gott wichtig ist und darauf vertrauen, dass Jesus uns dabei hilft und beisteht.

Cornelia Trick


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