Dünger für den Glauben (Hebräer 11,1+8-10)
Gottesdienst am 13.5.2018 in Brombach

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
in diesen Tagen lesen und hören wir viel über Kreuze in bayerischen Amtsstuben. Stehen sie für Identität und Kultur? Stehen sie für einen Rechtsstaat, der auf der Bibel fußt? Sollen sie Andersgläubige ausschließen oder ihnen zumindest zeigen, wer in Deutschland das Sagen hat? In den Kommentaren las ich viel darüber, was die Kreuze nicht sind, wenig darüber, wofür das Kreuz steht, welche Botschaft mit dem Kreuz transportiert wird.

Können wir darüber Auskunft geben, wenn wir gefragt werden? Sicher: „Jesus ist am Kreuz für uns gestorben“, das wissen praktizierende Christen. Aber wie können wir das Menschen erklären, die keinen christlichen Hintergrund haben, die die Sühneriten des Alten Bundes nicht studiert haben, die sozusagen eine leere Festplatte zu diesem Thema haben?

Der Hebräerbrief wurde für Christen in der 3. Generation geschrieben. Die kannten zwar die Geschichten von Jesus, die wussten von seinem Tod und seiner Auferstehung, aber sie konnten in ihrem Alltag nichts damit anfangen. Die Geschichten von Jesus blieben im Bücherregal, sie fanden nicht den Weg auf den Küchentisch. Ihnen versucht der Hebräerbrief, Jesus wieder nahe zu bringen. Manches in dem Brief scheint uns heute zu kompliziert. Wir leben ja auch in anderen Zeiten. Doch im 11. Kapitel widmet der Brief sich dem Thema Glauben. Hier finden wir Antworten auch auf unsere Fragen und eine Begründung, warum uns das Kreuz wichtig ist als Zeichen unseres Glaubens.

Das Kapitel beginnt mit der Feststellung: Das ist Glaube. Dieser Grundsatz wird dann entfaltet anhand einer langen Reihe von Menschen, über die die Bibel erzählt. An ihren Lebensläufen soll sichtbar werden, was Glauben heißt. Am Ende der langen Liste stehen drei Punkte, die Liste hat Fortsetzung – mit unserer ganz persönlichen Geschichte.

Zu der Grundsatzthese stelle ich exemplarisch für die Anderen die Aussagen über Abraham:

Hebräer 11,1+8-10
Der Glaube ist die Gestalt dessen,
worauf man hofft.
Er liefert den Beweis für eine Wirklichkeit,
die nicht sichtbar ist.
Aufgrund seines Glaubens gehorchte Abraham,
als Gott ihn rief.
Er zog fort an einen Ort,
den er als Erbbesitz bekommen sollte.
Und er zog fort,
ohne zu wissen,
wohin er kommen würde.
Aufgrund seines Glaubens lebte er
als Fremder in dem Land,
das Gott ihm versprochen hatte –
ein Land, das ihm fremd war.
Er wohnte in Zelten,
zusammen mit Isaak und Jakob,
die Miterben seiner Verheißung waren.
Er wartete nämlich auf die Stadt,
die auf festen Grundsteinen erbaut ist –
die Stadt,
deren Planer und Gründer Gott selbst ist.

Glaube ist Vertrauen
Mit den Kindern in der Jungschar laufen wir gerne durch einen Parcour, ein Kind hat verbundene Augen und wird von einem anderen Kind durch die Hindernisse hindurchgeführt. Die Kinder haben nicht zu allen Kindern das gleiche Verhältnis. Je nach dem, wie eng sie miteinander sind, lassen sie sich bereitwilliger führen oder schummeln unter der Augenbinde hindurch.

Das steht ja für viele Situationen im Leben. Wenn ich meinem Gegenüber vertraue, wenn ich davon ausgehen kann, dass er oder sie es gut mit mir meint, setzte ich mich zu ihr ins Auto und lasse mich kutschieren. Ich rechne damit, dass die Person mich sicher ans Ziel bringt und nicht an einen ganz anderen Ort entführt oder mich zu Tode fährt. 

Das Kreuz Jesu ist Vertrauenszeichen. Vertraue ich darauf, dass Jesus, der bis in den Tod meinen Weg vorausgegangen ist, mich auf meinem Weg begleitet, sogar durch den Tod hindurch in ein Leben bei Gott? Ist Jesus für mich die Orientierung, die mich auf der Spur des Lebens hält? Ist Jesu Kreuz mein Festhaltepunkt, wenn der Boden unter mir wackelt, meine Lebensträume zerplatzen, meine eigene Kraft nicht ausreicht?

Die Form des Kreuzes, Längs- und Querbalken, können da eine Brücke sein. Jesus ist der Längsbalken. Der Querbalken bin ich und bekomme erst Halt durch den Längsbalken. Lasse ich mich mit Jesus verbinden, werden wir ein vertrauensvolles Dream-Team.

Doch Vertrauen fällt nicht vom Himmel. Die Jungscharler haben sich über eine lange Zeit, teilweise seit dem Kindergarten, kennengelernt. Sie können sich einschätzen, haben Erfahrungen miteinander gesammelt. Das hat sie folgern lassen, wem sie vertrauen können und wem eher weniger.

Glaube ist Gott Kennenlernen
Habe ich mir einfach vorgenommen, diesem unbekannten Menschen in meiner Gruppe zu vertrauen und mich mit verbundenen Augen führen zu lassen, kann es sein, dass mein Fuß schmerzhaft an einen harten Gegenstand stößt. Mein Vertrauensvorschuss schwindet.

So ist das ja durchaus auch in der Beziehung zu Jesus. Ich will vertrauen, also bete ich um mein Herzensanliegen, aber nichts passiert. Mein Vertrauen wird erschüttert. Ich will Jesu Hand mit verbundenen Augen fassen, aber da sind ja noch mehr Hände, die an mir ziehen. Welche ist Jesu Hand? Wo ist seine Richtung? Solange ich diese Hand Jesu nicht kenne, werde ich sie nicht identifizieren können, unsicher bleiben, mich lieber nicht von der Stelle bewegen.

Die Hebräer haben wohl Jesus kennengelernt, aber nur oberflächlich. Zu einem Vertrauensverhältnis ist es nicht gekommen, so haben sie sich von Jesus nicht mitnehmen lassen. 

Der Brief will ihnen helfen, diese Lücken zu füllen. Wir werden heute durch Erklärungen des Alten Testamentes, wie der Hebräerbrief es über lange Kapitel versucht, nicht unbedingt mehr Vertrauen zu Jesus gewinnen. Wir haben ja auch nicht nur das Alte Testament, sondern auch das Neue Testament zur Verfügung.

Mit der Bibel können wir Jesus entdecken, aber auch das ist nicht leicht. Ich vergleiche mal die Bibel mit unserem Supermarkt um die Ecke. Da gibt es alles, was man zum alltäglichen Leben braucht, von Seife bis Kohlrabi. Doch nicht alles ist gleich wichtig, und nicht alles brauche ich, wenn ich die Wohnung neu beziehe, die Küche einrichte. Da sind zuerst die Basisprodukte wichtig: Putzmittel, Kartoffeln, Salz, Zucker, Mehl, Gemüse, Öl. So brauchen wir die Grundgeschichten aus der Bibel, um mit dem Kennenlernen Jesu zu beginnen. Für uns heute würde ich da nennen: Lukas 15 – Gott sucht und findet, das Markusevangelium als recht kurzer Bericht über das Leben Jesu, Matthäus 5-7, die Bergpredigt als Lehre, wie wir unseren Glauben leben können, und die Apostelgeschichte als Beschreibung von Gemeinde. Wer diese Geschichten gelesen hat, wird eine erste Bekanntschaft mit Jesus gemacht haben. Bald wird das nicht reichen, er wird mehr wissen wollen, die Bibel aufschlagen und auch die dazwischenliegenden Kapitel lesen, immer mehr, immer intensiver.

Wo dieses Kennenlernen stockt oder gar nicht erst beginnt, ist Glaube eher eine Schönwetterangelegenheit. Das Kreuz ist als Rettungsanker nicht vertrauenswürdig, weil ja nicht klar ist, für wen und welche Hilfe es steht. Es kann sogar missbraucht werden, etwa als politisches Instrument der Herrschaft wie auf vergangenen Schlachtfeldern.

Glaube ist Verändert-Werden
Das Kreuzzeichen kann auch als mathematisches Symbol gelesen werden. Ohne Jesus ist es ein Minus: Die Erfahrung, dass meine Kraft zu klein ist, dass ich nicht so bin, wie ich gerne wäre, dass ich mich im Abwärtstrend befinde und selbst die Reise nach unten nicht stoppen kann, dass keiner mich liebt und ich für niemand wichtig bin. Mit Jesus lerne ich: Jesus sagt mir zu: Seine Kraft ist in meiner Schwäche wirksam. Er hat mich so gewollt, weil es gut so für mich ist. Meine Krisen sind seine Chancen, weil er in ihnen meinem Leben eine andere Richtung geben kann. Denn er liebt mich mehr, als jeder, jede andere es könnte.

Für Abraham bedeutete das, dass er aus seinem gewohnten Umfeld aufbrechen musste, um sich auf eine unbekannte Reise zu begeben mit unbekanntem Ziel. Es heißt hier, er wartete auf eine fest gegründete Stadt, für einen Nomaden in der Wüste wahrscheinlich ein sehr attraktives Ziel. Wir würden es sicher anders formulieren. Was uns auf der unbekannten Reise mit Jesus als Ziel genannt wird, ist nicht Frankfurt, sondern eine Art Oase, wo wir die Liebe Gottes spüren können, in Ruhe gelassen werden, keine Hektik haben und den Rucksack mit Problemen abgenommen bekommen. 

In dieser Oase des Friedens werden wir 

  • Hoffnung tanken. 
Beim Fußball habe ich eine sehr pragmatische Einstellung. Damit ich Samstagabend keine schlechte Laune habe, gehe ich davon aus, dass die Eintracht verliert. Schon Stunden vor dem Spiel proklamiere ich die wahrscheinliche Niederlage. Meinen Mann regt das jede Woche auf: Wie kann man so destruktiv an ein Fußballspiel gehen, das tötet ja alle Freude?

Nicht nur beim Fußball hat eine solche Haltung was für sich. Man geht vom Schlimmstmöglichen aus und feiert dann, wenn es nicht eintrifft. Aber Hoffnung und Freude verströmt eine solche Haltung nicht.

Christen, die munter von der Weltzerstörung erzählen, wirken nicht glaubwürdig. Wo ist ihre Hoffnung, dass Gott die Welt in der Hand hat und es gut mit uns meint? Wo ist ihre Zuversicht, dass auch aus noch so schwierigen Wegen Jesus ins Licht führen kann? Und verstehen das unsere Zeitgenossen, wenn wir von der Ewigkeit schwärmen, wohl eher nicht. Hoffnung beginnt bei meiner Sicht auf die Welt, bei meiner Hoffnung für sie, bei meinen kleinen Schritten, um meinen Beitrag zu leisten.

  • die Gegenwart akzeptieren und die Chancen ergreifen.
Unsere Mitmenschen sind anders drauf als vor 100 Jahren. Sie haben meistens wenig biblisches Grundwissen, sind mit ihrem Leben ganz zufrieden und haben wenig Bedarf, mal unseren biblischen Supermarkt zu besuchen. Das kann man bedauern, es aber auch als Chance sehen. Wer noch nichts im Kühlschrank hat, muss auch nichts ausmisten. Keine destruktiven Gottesbilder, keine Verletzungen aus der religiösen Erziehung, keine schlechten Erfahrungen mit der Kirche. Wir können unseren Mitmenschen das geben, was sie brauchen. Wir können anknüpfen an ihren Alltagssituationen, ihren Ängsten, ihren Fragen, ihren Lebensproblemen – und da Jesus hineinbringen.

Das Kreuz hat seinen Ort in meiner Wohnung. Es hängt im Studierzimmer, ist mir Weisung, Erinnerung und Mahnung. Ich bin mit Jesus unterwegs, er nimmt mich auf seinem Längsbalken mit. Er macht meine Minus-Zeichen zu Plus-Zeichen, er hat als der Auferstandene das Todessymbol in ein Lebenszeichen umgedeutet. Hoffnung siegt über den Tod. Ich bin mit meinem Leben Jesus verantwortlich, gut, wenn ich ihn immer besser kennenlerne, damit ich weiß, was er von mir will.

Ob das auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in bayerischen Behörden bedenken, wenn sie ihre Arbeit im Angesicht eines an die Wand gehängten Kreuzes tun? Wünschenswert wäre es. Automatisch geschieht es auf keinen Fall.

Cornelia Trick


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Verantwortlich Dr. Ulrich Trick, Email: ulrich@trick-online.de
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