Das zweite Pfingstfest
Gottesdienst am 04.06.2006

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
zu gerne würde ich Ihnen jetzt erzählen, wie wir es schaffen können, ein Pfingstfest wie damals in Jerusalem zu inszenieren. Jedes Jahr beschäftigen sich unzählige Zeitschriften mit dem Thema, wie es bei uns im Wohnzimmer Weihnachten werden kann, aber Pfingsten, wie macht man, dass es Pfingsten wird?

Tatsache ist, dass wir Pfingsten nicht machen können. Gott veranstaltet Pfingsten. Er schenkt seinen Heiligen Geist, er lädt ein, den Heiligen Geist zu empfangen. Er übernimmt die Initiative und will, dass wir ihn machen lassen.
Am besten schauen wir uns ein solches Pfingstfest genauer an, es ist die Fortsetzung des Ereignisses in Jerusalem.

Apostelgeschichte 10,1-8

In Cäsarea lebte Kornelius, ein Hauptmann, der zum sogenannten Italischen Regiment gehörte. Er glaubte an Gott und hielt sich mit seiner ganzen Hausgemeinschaft zur jüdischen Gemeinde. Er tat viel für notleidende Juden und betete regelmäßig. An einem Nachmittag gegen drei Uhr hatte er eine Vision. Er sah deutlich, wie ein Engel Gottes bei ihm eintrat, und hörte, wie er zu ihm sagte: "Kornelius!" Erschrocken blickte er den Engel an und fragte: "Warum kommst du, Herr?" Der Engel antwortete: "Gott hat genau bemerkt, wie treu du betest und wieviel Gutes du den Armen tust, und er will dich dafür belohnen. Darum schicke jetzt Boten nach Joppe und lass einen gewissen Simon zu dir bitten, der den Beinamen Petrus trägt. Er ist zu Gast bei einem Gerber Simon, der sein Haus unten am Meer hat." Als der Engel wieder fortgegangen war, rief Kornelius zwei Diener und einen frommen Soldaten aus seinem persönlichen Gefolge. Er erzählte ihnen, was er erlebt hatte, und schickte sie nach Joppe.

Station 1 - Kornelius

Kornelius war Hauptmann der römischen Besatzungsmacht. Er war Sympathisant des jüdischen Glaubens und suchte offenbar nach einem letzten Halt und Sinn in seinem Leben, nach Gott, der mit ihm ging, ihm seine Treue und Fürsorge zusprach. So nahm er an jüdischen Gebeten teil und setzte sich für seine Mitmenschen ein. Kornelius war ein Suchender und so vorbereitet auf Pfingsten. Die Stimme, die ihn nun anwies, Petrus kommen zu lassen, verunsicherte ihn nicht, sondern ließ ihn hoffen, nun endlich mit seiner Suche ans Ziel zu kommen. Er schickte Boten nach Joppe.

Station 2 - Petrus

Petrus hatte schon gefunden. Er hatte das erste Pfingstfest in Jerusalem miterlebt, ist vom Heiligen Geist erfasst worden und predigte seitdem von Jesus Christus, dem Herrn des Lebens. So kam er während seiner Missionstätigkeit zu Simon, dem Gerber, und wohnte in dessen Haus in Joppe. Simon ist offenbar auch zum Glauben an Jesus Christus gekommen. Der durch seinen Beruf von den Juden wegen Unreinheit Gemiedene war nun Gastgeber des Petrus. Rein und unrein spielte bei den beiden Christen keine Rolle mehr, sie waren eins durch den Heiligen Geist, der ihnen geschenkt war. Petrus stieg vor dem Essen auf die Dachterrasse des Hauses. Da öffnete sich der Himmel über ihm. Ein großes Tuch kam zu ihm herunter, auf dem lauter Tiere krabbelten. Petrus wurde aufgefordert, diese Tiere zu schlachten und zu essen. Doch Petrus weigerte sich, unreine Tiere zu schlachten und zu essen. Nach dem jüdischen Ritualgesetz war das verboten. Zwar konnte er in dem Haus von Simon wohnen, der mit unreinen Tierhäuten beruflich in Kontakt kam, aber unreine Tiere zu essen ging nun doch zu weit. Dreimal forderte ihn die himmlische Stimme auf, die Tiere zu schlachten und zu essen, jedes Mal wies Petrus die Aufforderung empört von sich. Was wollte ihm Gott mit diesem Tischtuch sagen?

Station 3 - Petrus

Während Petrus noch über das Ereignis nachdachte, kamen auch schon die Boten aus Cäsarea. Langsam erschloss sich ihm der Sinn der Vision, als Petrus die nicht-jüdischen Boten vor der Tür sah. Er bat sie herein und lud sie an seinen Tisch, obwohl Juden und Nicht-Juden nicht miteinander aßen. Das Tischtuch der Vision wurde zum gemeinsamen Tischtuch für ihn und die Besucher.

Am nächsten Tag machte sich Petrus auf nach Cäsarea zusammen mit sechs Leuten aus der Gemeinde in Joppe und den Boten des Kornelius. Dort hatte Kornelius schon alles für Petrus vorbereitet. Er vertraute der Stimme, die ihn angewiesen hatte, Petrus zu holen. So lud er Verwandte und Freunde zu sich ein, um bei der Ankunft des angekündigten Petrus dabei zu sein. Er erwartete etwas Umwälzendes für sein Leben und wollte Viele dabei haben.

Station 4 - Petrus und Kornelius

Petrus traf mit seinen Reisebegleitern bei Kornelius ein. Spätestens jetzt verstand er Gottes Sprache. Er sollte lernen, dass das Evangelium von Jesus Christus nicht nur für die Juden galt, sondern für alle Menschen. So erzählte er den Leuten von Jesus, von seiner Geburt, seiner Taufe durch Johannes, seinem Leben und Wirken, seinem Tod und seiner Auferstehung. Er machte den Zuhörenden klar, dass Jesus die Mauer zwischen Gott und Menschen eingerissen hatte und nun Gemeinschaft mit Gott möglich wurde.

Station 5 - Kornelius
Apostelgeschichte 10,44-48

Petrus hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da kam der Heilige Geist auf alle herab, die bei Kornelius versammelt waren und die Botschaft hörten. Die Christen jüdischer Herkunft, die mit Petrus aus Joppe gekommen waren, gerieten außer sich vor Staunen, dass Gott nun auch über die Nichtjuden seinen Geist ausgegossen hatte. Sie hörten nämlich, wie die Versammelten in unbekannten Sprachen redeten und Gott priesen. Darauf sagte Petrus zu seinen Begleitern:
"Diese Leute haben genau wie wir den Heiligen Geist empfangen. Wer kann ihnen da noch die Taufe verweigern?" 
Und er befahl, sie im Namen von Jesus Christus zu taufen. Danach baten sie ihn, noch ein paar Tage bei ihnen zu bleiben.

Petrus predigte, doch nicht die Predigt bewirkte Pfingsten, sondern allein Gottes GeistHeiliger Geist, der die Anwesenden ergriff. Petrus war von Gott beauftragt, von Jesus zu erzählen, aber Gott schenkte Glauben. Die direkten Auswirkungen waren wie beim ersten Pfingstfest das Sprechen in unbekannten Sprachen, Gotteslob und die Zusammenkunft zu einer Gemeinde, die mit der Taufe initiiert wurde. 

Station 6 - Petrus

Später erfuhr die Urgemeinde in Jerusalem von diesem Pfingstfest der Heiden in Cäsarea. Die Leiter der Gemeinde machten Petrus Vorwürfe, dass er das Evangelium Jesu als Jude den Nicht-Juden nahe gebracht hatte. Doch Petrus erzählte ihnen die ganze Geschichte von Anfang an. Daraufhin lobten auch sie Gott und lernten, dass Jesus wirklich alle Völker zu Nachfolgerinnen und Nachfolgern berufen wollte. Dies war ein wichtiger Schritt in der Bewegung der Gemeinde Jesu.

Diese ausführliche Geschichte ist die längste zusammenhängende Erzählung in der Apostelgeschichte. Ich vermute, sie ist deshalb so detailliert beschrieben, weil sich in ihr die Geschichte der weltweiten Christenheit abbildet. Wir sind zum Glauben gekommen wie Kornelius, als die, die nicht zum erwählten Volk Gottes gehören und dennoch seine Kinder sein dürfen. 

Petrus und Kornelius stellen deshalb nicht nur zwei individuelle Personen dar, sondern zwei Abschnitte der  beginnenden Kirchengeschichte, den Übergang der Mission von den Juden zu den Heiden. Heute ist auch jene Zeit längst Vergangenheit. Doch auch jetzt können wir wieder Exemplarisches in der Erzählung entdecken. Petrus steht dann für die Gemeinde Jesu, Kornelius für Menschen, die außerhalb der Gemeinde als Suchende leben. Die Gemeinde kann lernen, dass sie nicht selbstgenügsam bleiben darf. Gottes Geist wird ihr Fernweh nach den Suchenden jenseits der Kirchenmauern wecken. Und die Suchenden werden immer stärker das Heimweh nach der Gemeinde Jesu spüren, das ihnen den Weg zu ihr weist. Die Mauer, die zwischen Gemeinde und so genannter Welt existiert, wird durch Gottes Geist von innen und außen ausgehöhlt und niedergerissen.

Die Gemeinde

Nehmen wir Petrus als Beispiel für die Bewegung des Heiligen Geistes hin zu den Suchenden, so fallen verschiedene Aspekte ins Auge:
  • Petrus steigt aufs Dach, dort erreicht ihn Gottes Stimme und seine Vision. Als ich diese Woche durch den Ort ging, fiel mir das große Flachdach des Bürgerhauses auf, und ich stellte mir vor, dass wir dort oben unsere Gemeindevorstandssitzung abhalten würden. Normalerweise sitzen wir im Untergeschoss der Kirche. Vielleicht besteht ja deshalb manchmal die Tendenz, uns mit Vorräten, Vergangenheit, Technischem zu beschäftigen, statt unseren Blick nach oben wandern zu lassen, um Gottes Auftrag zu hören. Vielleicht würde der Ausblick uns auf neue Ideen bringen, neue Zielgruppen Gottes in den Blick rücken, Wege dorthin klarer erkennen lassen. Und in unserem persönlichen Leben, in dem wir ja auch so oft auf Gottes Hinweise warten? Wo erwarten wir sie? Im Vorratskeller der materiellen Absicherungen? Noch ein paar Einweckgläser mehr für den Notfall? Oder wagen wir uns hinaus, um wirklich auf neue Ideen zu kommen, die Mut erfordern, die uns umdenken lassen, die uns rausreißen aus den eingefahrenen Wegen?
  • Petrus konnte die Vision so wenig verstehen, wie wir oft Hinweise Gottes nicht verstehen können. Doch er ließ sich voller Vertrauen auf die Zeichen Gottes ein. Er bat die Besucher an den Tisch, er folgte ihnen nach Cäsarea. Brechen wir zu unbekannten Menschen auf, wenn Gott uns Zeichen gibt? Geht es uns darum, dass Jesus seine geliebten Menschen findet? Oder geht es uns um uns selbst, dass wir gefunden werden, dass Jesus eine Weisung für uns persönlich hat, dass er nur für uns da ist?
  • Sechs Leute begleiteten Petrus nach Cäsarea. Sie hatten kein Tischtuch mit unreinen Tieren gesehen, sondern ließen sich in Petrus Auftrag mit hinein nehmen. Ist das vielleicht hier und da in unserem Gemeindeleben dran, dass wir jemand in seiner Mission helfend unterstützen? Wer weiß, ob die Begleiter so genau wussten, warum sie mit Petrus mitgingen, Petrus wusste es ja selbst nicht. Aber sie ließen Petrus nicht allein. Wer bei uns erkennt, dass er ein Projekt beginnen sollte, um Menschen auf irgendeine Art mit Jesus in Berührung zu bringen, steht manchmal allein da. Andere zweifeln an dem Vorhaben, wollen erst Erfolge sehen. Aber ist es nicht dran, wie die Begleiter einander zu helfen, mitzumachen, einen Kuchen zu backen, einen Fahrdienst zu leisten, ein paar Euro zu investieren. Durch dieses Mitgehen signalisieren wir uns doch: Wir sind gemeinsam gerufen, den Boden für das Wirken von Gottes Geist zu bereiten, niemand ist als Kind Gottes Einzelkämpfer oder Einzelkämpferin.
  • Wer auf das Dach gestiegen ist, eine Vision hat, sie umsetzt, muss mit Widerstand rechnen. Nicht alle haben gleich den Blick für Gottes Plan. Aber wir müssen davor keine Angst haben. Wir können Zeugnis geben von Gottes Wirken und darauf bauen, dass die Zweifel von Gottes Geist überwunden werden. Was mich an den Leitern der Urgemeinde fasziniert, ist, dass sie an ihren Vorwürfen nicht lange festhalten, sondern bald ins Gotteslob einstimmen. Ich kenne auch das andere Verhalten, dass man von seiner gefassten Meinung nicht abweicht, auch wenn sich zeigt, dass andere Recht hatten. Wie könnten wir uns manche Blockade sparen, wenn wir sehen würden, dass es nicht ums Rechthaben und den Sieg geht, sondern um Gottes Geist und seine Dynamik.
Die Welt
Nehmen wir Kornelius als Beispiel für das Wirken des Geistes zum Glauben, fallen auch ein paar Gesichtspunkte auf:
  • Gott bereitet Menschen vor für seinen Geist. Eine innere Unruhe, eine unbestimmte Sehnsucht nach Gott ist Ausgangspunkt für ein offenes Ohr und Herz. Doch diese Sehnsucht kann ganz unterschiedlich befriedigt werden. Man kann sie im Alkohol ersäufen, man kann sie in vielen Kicks betäuben, die einem den Eindruck verleihen, einmalig und besonders zu sein, man kann sie abstumpfen lassen in Hektik, Stress oder Langeweile. Man kann sie in anderen Religionen befriedigen. Aber man kann sie auch zulassen und sie gezielt auf Gott richten. Wenn er es ist, nach dem ich mich sehne, will ich mich mit meinem Leben auf ihn einstellen, mich einschwingen auf seinen Rhythmus, bis mich sein Geist ergreift und ich sein Lied mitsingen kann.
  • Der Heilige Geist kommt ganzheitlich ins Leben und ist nicht pure Verstandessache. Die Leute in Cäsarea hörten die Predigt, aber erst der Geist ließ sie selbst reden, loben, Gemeinde bauen. Wer den Geist Gottes empfängt, wird in irgendeiner Weise aus sich heraus gehen und diesen Geist zum Ausdruck bringen. Er wird damit bezeugen, dass er diesem Geist nun die Führung des Lebens anvertraut. Besonders eindrücklich kommt das durch das Sprachengebet zum Ausdruck. Die Leute reden nicht mehr die von ihnen gewählten Worte, sondern Gottes Sprache. Sie überlassen ihm das Vokabular, geben sich ihm ganz hin.
  • Wer den Heiligen Geist geschenkt bekommen hat, gliedert sich ein in den Leib Christi. Das Pfingstfest in Cäsarea führte zu Taufen und Gemeindegründung. Gesund wäre es, wenn Menschen, die bei Großevangelisationen nach vorn gehen und Jesus ihr Leben anvertrauen, in eine Gemeinde hineinkommen würden. Bleiben sie für sich, wird ihr Glaube nach und nach absterben.
Pfingsten in Cäsarea - der Heilige Geist bewirkte das Fernweh des Petrus und das Heimweh des Kornelius. Die Mauer, die zwischen beiden stand, riss er von beiden Seiten nieder. Die Auswirkungen können wir heute wie damals ganz unmittelbar erleben: Gotteslob, Hingabe, Freiheit und wahres Leben.

Gott lässt Pfingsten werden, lassen wir uns hinein nehmen in das Gotteslob mit ganzer Hingabe!

Cornelia Trick


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