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Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
Aus der Sichtweise römischer Religiosität ist das nicht weiter verwunderlich. Wie kann ein Göttersohn sich in die Willkür der Menschen fallen lassen? Wie kann Gottvater die Geschicke der Menschen so wichtig nehmen, dass er seinen Sohn zu den Menschen schickt und diesen auch noch umbringen lässt? Wie kann ein Gott so ohnmächtig sein? Das zu glauben ist Eselei. Macht und Ohnmacht können nicht vereint sein. So glaubten Christen nach Meinung der römischen Landsleute an einen toten Gott. Paulus lebte unter diesen Leuten, die seinen Glauben an Jesus Christus als Eselei abtaten. Er kannte ihre Argumente und musste sich ihnen täglich stellen. Die Bedeutung von Jesus Christus konnte er nur vor diesem Hintergrund herausstellen. So wundert es nicht, dass er seinen sehr persönlichen Brief an die Gemeinde in Korinth damit beginnt, die Bedeutung der Kreuzigung Jesu für den Glauben herauszustellen. Er schaffte damit das Fundament, um die Gemeinde, die offensichtlich in mehrerer Hinsicht in der Zerreißprobe stand, zu einen. 1.Korinther 1,18-25 Das Kreuz Jesu widerspricht dem Glauben der Umwelt so radikal, dass es zum Erkennungszeichen der Christen wurde. Paulus eröffnet hier zwei Blickwinkel aufs Kreuz.
Leider ist in diesen Diskussionen sehr wenig
über das Kreuz Als ich die Ausführungen des Paulus vor ein paar Tagen las, wurde mir bewusst, wie aktuell seine Worte heute sind. Hier wird nicht politisch und kulturgeschichtlich argumentiert, sondern davon gesprochen, dass das Kreuz Gotteskraft ist und Leben verändert. Drei Bedeutungen des Kreuzes, die ich von Paulus Worten ableite, entfalte ich im Folgenden. Das Kreuz ist Bekenntnis Ich kann mich aber auch zum Kreuz stellen, es berühren und von ihm berührt werden. Ich kann meine Unterschrift geben und diese Gotteskraft erfahren. Dann bleibt das Kreuz nicht mehr als Möbelstück an der Wand hängen, sondern ist Symbol für meine Beziehung zu Gott. Jesus ist für mich am Kreuz gestorben. Er hat das Ende meines Lebens auf seine Schultern gepackt. Er hat mich nicht allein gelassen mit meiner Schuld, meinem Versagen, meinem Egoismus auf Kosten anderer und meiner Sucht nach Anerkennung, die mich fertig gemacht hat. Er ist mit seinem Kreuz in meinen Weg getreten und eröffnete mir einen neuen Weg in die Zukunft. Mit Jesus zu leben, bedeutet nun: Gott liebt mich. Er hat mich geschaffen, um ihm Freude zu machen. Er hilft mir, mein Lebenspotential zu entfalten. Er hilft mir, meine Nächsten im Blick zu haben und sie zu achten. Er ermächtigt mich, für ihn zu leben und mich nach seinem Willen zu richten. Das Kreuz ist für mich ein ganz persönliches Bekenntnis. Ich brauche Jesus. Ich vertraue darauf, dass Jesus für mich gestorben ist, damit ich lebe. Ich gehöre zu Jesus, der mein Herr und mein Retter ist. So ist das Kreuz für mich Signal, dass Gott, der Vater Jesu Christi, die oberste Autorität für mich ist. Ich halte mich an das, was er mir sagt und von mir will. Das Kreuz in öffentlichen Räumen ist von diesem Bekenntnis her ein Korrektiv für Christen: Wem bist du in letzter Instanz verpflichtet? Unter welche Regeln und Gebote hast du deine Unterschrift gesetzt? Das Kreuz ist Eselei und bedeutungslos für die, die Jesus Christus nicht nachfolgen und ihre Unterschrift nicht geleistet haben. Sie könnten es als Traditionsgut einordnen, es sei denn, es beschleicht sie die Ahnung, vom Kreuz doch in Frage gestellt zu werden. Das Kreuz ist Symbol für "Jesus in mir" Vielleicht geht es Ihnen so, dass Sie sich zu Jesus bekennen, auch erfahren, dass Jesus in Ihnen wirkt und Sie verändert. Aber gewisse Konflikte bleiben unverändert bestehen. Die Beziehung zu Ihrer Freundin ist gestört, in Ihrer Arbeit finden Sie keine Befriedigung, in Ihrer Familie ist nicht eitel Sonnenschein, die Kinder sind motzig, Sie hilflos und überfordert. Sie fragen sich, warum Jesus seine Zange nicht längst an ihrem Lebensweg ansetzt und einiges gerade biegt. Sie warten auf das Wunder von oben ohne Ihr Zutun. Sicher, solche Wunder geschehen. Aber sind sie die Norm? Zeigte Jesus uns nicht, dass er auf unsere mutigen Schritte im Vertrauen auf ihn wartet? Ein Petrus musste selbst aus dem Boot steigen, um auf dem Wasser Jesus entgegen zu laufen. Ein Hauptmann von Kapernaum lief Jesus entgegen, um ihn zu bitten, seinen Knecht zu heilen. Ich kann nicht Jahre lang vor dem Telefon sitzen und darauf warten, dass sich meine Freundin bei mir entschuldigt. Jesus hat mir Hände geschenkt, um den Telefonhörer zu ergreifen und die Nummer zu wählen. Seine Leitung erlebe ich, wenn er meine Angst beruhigt und in mir Liebe und Versöhnungsbereitschaft weckt. Das Kreuz ist Zeichen, dass Jesus in mir Veränderungen in seine Richtung bewirkt. Ich kann ihm vertrauen und meine Lebensaufgaben offensiv anpacken. Das Kreuz steht für einen Neubeginn Doch gerade hier zeigt sich, dass das Kreuz nicht nur ein Symbol ist, sondern Gotteskraft in sich trägt. Jesus ermächtigt mich dazu, nach vorne zu schauen und vorwärts zu gehen. Er zeichnet mir die Vision vor Augen, dass er in der neuen Welt auf mich wartet. In diese Vision kann ich mit seiner Hilfe hineinwachsen. In schlafloser Nacht, wenn Sorgen mich nicht schlafen lassen, kann ich beten: Jesus sei stark in mir und nimm mir die Gedanken der Sorge. In der Versuchung kann ich beten: Jesus, lass mich widerstehen. Auf dem Gipfel der Anerkennung kann ich bitten: Jesus, gib mir Demut und meinen Platz zum Dienen. Das Kreuz ist Gotteskraft. Es fordert heraus zur Entscheidung, erinnert an die Baustellen, lässt Schuld und Sünde begraben sein und eröffnet neues Land. Damit ist das Kreuz Zentrum des Glaubens. Gott ist in Jesus meinen Tod gestorben, dass ich befreit leben kann. Es kann keinen Zwang zum Kreuz geben, denn seine Bedeutung erschließt sich erst dem oder der Glaubenden. Wer ein Kreuz als Bekenntnis trägt, der oder die zeigt: Ich lebe aus Gottes Kraft, weil Jesus in mir ist. Er oder sie drückt damit auch einen stummen Protest aus. Es gibt keine Herrschaft dieser Welt, die die Kraft Gottes beherrschen und unterdrücken könnte. Verpflichtet ist ein Christ letztlich nur Gott selbst. Von daher wundert es nicht, dass mit den Kopftüchern auch die Kreuze verbannt werden sollen. Sind die Kopftücher Ausdruck einer politischen Kultur, die die Rechte der Frauen einschränkt, sind Kreuze Ausdruck der Infragestellung menschlicher Macht und Herrschaft durch Gott selbst. Ich bin dankbar, dass es in unserem Land viele Christen gibt, die sich von Gott infrage stellen lassen wollen und das Kreuz als seinen Zeigefinger deuten, dass er der Herr dieser Welt ist. Doch unabhängig von dieser Diskussion bleibt das Kreuz Mittelpunkt des Glaubens an Gott, der sich in Jesus uns geschenkt hat, damit wir mit ihm leben können. Etwas Festes muss der Mensch haben,
Cornelia
Trick
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