Gottesdienst am 29.09.2002
Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
ein Abschnitt aus dem Brief an die Epheser gibt
heute Einblick in das Leben eines ganz normalen Christen. Vielleicht finden
wir uns in diesem Leben wieder. Vielleicht sagen wir, nein, bei mir ist
das ganz anders. Vielleicht wächst aber auch in uns die Sehnsucht,
selbst etwas mit Jesus Christus zu erleben und das nachzuvollziehen, was
der Epheserbrief in groben Strichen vorzeichnet.
Epheser 5,14
Und was ans Licht kommt, wird selbst Licht.
Darum singen wir:
"Wach auf, du Schläfer!
Steh auf vom Tod!
Und Christus, deine Sonne,
geht für dich auf."
So beginnen die Ausführungen zum Christsein,
mit einem Lied aus der Tauffeier. Taufe wurde gefeiert als Start des Lebens
mit Jesus Christus. Und damit verbunden wurden die Anleitungen, die der
Täufling weiterhin für sein Leben brauchte. Versetzen wir uns
kurz in eine solche Tauffeier der frühen christlichen Gemeinde hinein.
Ein 30-Jähriger hat sein Leben mit Christus begonnen. Er feiert Taufe,
lässt sich untertauchen und dokumentiert dadurch, dass er von jetzt
an die Prioritäten anders setzen will. Er geht zu den Gemeindeversammlungen,
er gewinnt neue Freunde, die ihm so wichtig werden, dass er sie als Brüder
und Schwestern anredet. Er forscht in den Heiligen Schriften und lässt
sich biblische Geschichten vom Volk Israel erzählen, um Gott besser
verstehen zu lernen. Er teilt sein Geld und unterstützt Leute, die
seine Hilfe brauchen. Er betet und sagt, dass er Jesus da ganz nah erfährt.
Will er seinen Arbeitskollegen diese Wende erklären, so gebraucht
er den Vergleich von Dunkelheit und Licht. Als
er Jesus noch nicht kannte, war es dunkel um ihn. Er verschlief die eigentlichen
Aufgaben und Herausforderungen seines Lebens. Doch jetzt ist er aufgewacht.
Der todesähnliche Schlaf ist vorüber. Er hat eine neue Gottesbeziehung,
er kann sich auch den Fehlern und Schwächen stellen, denn Gott vergibt.
Und Jesus ist wie eine Sonne. Er wärmt, er gibt Orientierung und Lebensmut.
Lassen wir den 30-Jährigen von damals uns,
die wir wie er getauft sind, eine persönliche Frage stellen. Ist Jesus
Licht und Sonne an jedem Tag?
Doch das alte Tauflied stellt das gar nicht in
Frage. Christus ist unsere Sonne. Daran ist nicht zu rütteln. Beantworten
wir die Frage mit nein, so liegt es wohl an uns, dass wir uns vor der Sonne
verbergen, große Hindernisse dazwischen stehen, wir uns von der Sonne
abgewandt haben, weil wir sie fürchteten. Doch Jesus wird sich damit
nicht abfinden, seine Wärme sucht uns und lockt uns, hinter den Barrieren
hervorzukommen ihm entgegen. Deshalb dürfen wir gespannt sein, was
auf das Tauflied folgt.
Epheser 5,15-17
Darum achtet genau auf eure Lebensweise! Lebt nicht
wie Unwissende, sondern wie Menschen, die wissen, worauf es ankommt. Nutzt
die Zeit; denn wir leben in einer bösen Welt. Seid also nicht uneinsichtig,
sondern begreift, was der Herr von euch erwartet.
Besonnenheit
Am Blumenfenster in unserem Wohnzimmer wächst
eine Grünpflanze. Sie ist nicht besonders wertvoll oder hübsch,
einfach nur grün und erfüllt damit ihren Zweck. Da sie eindeutig
der Sonne entgegenwächst, ist sie inzwischen ganz schief geworden.
Ein Versuch, sie umzudrehen, scheiterte. Sie bekam gelbe Blätter und
sah jämmerlich aus. Wer Jesus kennen gelernt und durch ihn die Liebe
Gottes erfahren hat, mag sich in dieser Grünpflanze auf unserem Fensterbrett
wiedererkennen. Automatisch streckt er oder sie sich nach Jesus Christus
aus. Die tägliche Frage "was will Gott von mir?" ist nicht erzwungen,
sondern kommt von innen. Der Lebensstil wird an Jesus ausgerichtet. Im
Epheserbrief werden nun zwei Kennzeichen dieses neuen Lebensstils genannt.
1. Kennzeichen: Ein Christ
weiß, worauf es ankommt
Im Epheserbrief wird von einer bösen Zeit geschrieben,
die es besonders nötig macht, das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden.
Damals waren die Gemeinden in Kleinasien bedroht von vielen Gefahren. Doch
können wir diese böse Zeit sicher auch heute mit aktuellem Inhalt
füllen. Wo Terror und Krieg, Ungerechtigkeit und eine schlechte Wirtschaftslage
drohen, ist es notwendig, zu wissen, worauf es ankommt. Mit einer Bekannten
bin ich ins Gespräch über die Arbeitssituation gekommen. Sie
erzählte von der drohenden Kündigung. Dadurch ausgelöst
ist sie selbst ins Fragen gekommen, was denn im Letzten noch hält.
Und wie aus einer tiefen Sehnsucht sprach sie von ihrem Wunsch, Gott zu
vertrauen, der den Weg mitgeht, und in einer Gemeinde zu leben, die auffängt
und betend begleitet.
Worauf es ankommt ist, Jesus Christus als Sonne
des Lebens in all unsere dunklen und bedrückenden Abgründe des
Alltags hineinleuchten zu lassen. Sie können wir vor ihm aufdecken
und das hilft uns, den Blickwinkel zu wechseln. Wir müssen nicht mehr
auf die böse Zeit starren, wir dürfen auf Jesus sehen. Er hat
die Welt überwunden und er wird auch in unserem Alltag das letzte
Wort sprechen.
2. Kennzeichen: Ein Christ
begreift, was der Herr von ihm oder ihr erwartet
Es wäre jetzt schön, eine klare Handlungsanweisung
zu nennen. Mit Punkten 1 bis 6 und Verhaltensmaßregeln, die für
alle gleich gelten. Aber so ist unsere Beziehung zu unserem Herrn nicht.
Wir sind keine Automaten, die alle die gleiche Chipkarte bekommen und die
gleichen Befehle ausführen. Schon bei den Menschen, die Jesus getroffen
haben, sehen wir das. Der eine Zöllner hat sein Geld zurückgegeben.
Der andere Zöllner ist mit Jesus mitgezogen und Evangelist geworden.
Der eine Geheilte sollte mit Jesus ziehen, der andere zu seiner Familie
zurückgehen. Der einen Mutter gab Jesus den Sohn wieder, indem er
ihn vom Tod auferweckte, seine eigene Mutter schickte er fort. Diese Beispiele
sollen uns davor bewahren, hier Patentlösungen zu suchen, was der
Herr von uns erwartet.
Schlüssel zu einem richtigen Handeln als
Christ scheint das Wort Begreifen zu sein. Begreifen beginnt im Herzen.
Denn noch so viele Appelle von außen prallen an uns ab, solange wir
innen dicht machen und sie gar nicht an uns heran lassen. Zwei Hindernisse
zum Begreifen möchte ich nennen.
Das eine Hindernis, "Ja - aber". Wir stehen uns
selbst im Weg, indem wir tausend Alternativen erfinden, was gegen Gottes
Erwartung vorgebracht werden könnte. Dazu ein Beispiel. Letzte Woche
fragte mich jemand nach meinen Beweggründen in einer Entscheidung.
Jedes Mal, wenn ich meinte, mich klar ausgedrückt zu haben, sagte
mein Gegenüber: "Das ist die eine Seite, aber..." Irgendwann wurde
es mir zu blöd. Ich hörte mir die Meinung meines Gesprächspartners
an und war sicher, er hatte mir nicht zugehört. Ich hätte auf
seine Frage hin genauso gut den Raum verlassen können statt ihm zu
antworten.
Ich ertappe mich dabei, dass mir mein Gesprächspartner
gar nicht so fremd ist. Denn ich mache es mit Jesus oft genauso. Da höre
ich beim Lesen einer Andacht Jesus: "Pack die Aufgabe XY mutig an. Lass
sie nicht länger liegen. Ich bin bei dir." Und was mache ich? Aus
meiner Angst vor der Aufgabe heraus antworte ich Jesus: "Das ist die eine
Seite. Aber eigentlich habe ich viel zu viel Angst davor und lasse es lieber.
Such dir eine andere." Ich kann mir gut vorstellen, dass Jesus frustriert
von dieser Antwort ist und feststellen wird: "Sie will ja gar nicht begreifen!"
Ein weiteres Hindernis fürs Begreifen: Ich
merke, dass ich Korrektur brauche, lasse sie aber nicht zu.
Auch hier ein Beispiel. Ich habe Zahnschmerzen.
Wahrscheinlich muss ein Loch gestopft werden. Doch statt zum Zahnarzt zu
gehen, nehme ich Schmerztabletten und rede mir ein, dass die Schmerzen
schon von selbst weggehen werden. Sie würden mir wohl sagen, dass
Sie mich gut verstehen könnten, aber dass ich eigentlich dumm bin.
Denn Löcher werden nicht mit Schmerztabletten gestopft. Der Schaden
wird nur schlimmer. Doch nicht nur in körperlicher Hinsicht gehen
wir oft so vor. Auch mit unserer Seele verfahren wir häufig genau
so. Statt da wirklich zu begreifen, dass Jesus heilen will, indem er korrigiert
und uns auf Fehler hinweist, betäuben wir unsere Schmerzen. Wir reden
uns ein, dass bald Gras darüber wächst. Wir wollen unser inneres
Loch nicht wahr haben und decken es mit vielen Aktivitäten zu, statt
es vor Jesus zu öffnen und ihn anzuflehen, dass er etwas in uns ändert.
Und er wird es tun, denn er ist die Sonne, die heilt.
Begreifen heißt nicht, Punkt 1 bis 6 auf
der To-Do- Liste abzuhaken, sondern es bedeutet, hinzuhören, uns zu
öffnen für Jesu Anrede und seine Korrektur. Dann wird klar, was
der Herr von uns erwartet und was die nächsten Aufgaben sind.
Epheser 5,18-19
Betrinkt euch nicht; denn zuviel Wein verführt
zu einem liederlichen Lebenswandel. Lasst euch lieber vom Geist Gottes
erfüllen! Ermuntert einander mit Psalmen und Lobliedern, wie der Geist
sie euch eingibt. Singt und spielt dem Herrn von ganzem Herzen.
Begeisterung
Christsein mit Kopf und Herz, so habe ich diese
Predigt überschrieben. In den Worten des Epheserbriefes lebt ein Christ
besonnen und begeistert. Hat er oder sie begriffen, worauf es ankommt und
was Jesus erwartet, so drückt sich das in einem Lebensstil aus, der
von Gottes Geist durchdrungen ist. Um Missverständnissen vorzubeugen
nennt der Apostel hier den Unterschied zwischen ekstatischen High- Gefühlen
und Begeisterung durch Gott. Die Begeisterung durch Gott führt in
die Gemeinschaft, ins gemeinsame Ermutigen, Singen und Spielen zur Ehre
Gottes.
Ermuntert einander!
Wozu kommen wir als Gemeinde zusammen? Wir haben
ein gemeinsames Anliegen, bestärkt zu werden in unserem Glauben und
den Willen Gottes zu erkennen. Aber darüber hinaus sind wir einander
an die Seite gestellt, um uns gegenseitig zu ermutigen. Das kann ganz praktisch
geschehen. In einer Anleitung für Hauskreisleiter und -leiterinnen
las ich ein paar Hilfestellungen. "Scheiben Sie einen kurzen Gruß
nach dem Abend: das hat mir gut getan, danke.
Rufen Sie an und erkundigen Sie sich nach dem
Ergehen. Fragen Sie nach, wenn jemand von einem Problem erzählt hat."
Solche Gedankenanregungen sind nicht nur für Hauskreisleiter. Wir
brauchen uns nicht unehrlich eins abzubrechen und Leute für Sachen
loben, die wir eigentlich überflüssig finden. Wir können
stattdessen ehrlich zueinander sein, aber dabei immer im Blick haben, dass
wir einander helfen wollen, unseren Weg fröhlich zu gehen.
Singt, spielt zur Ehre
Gottes!
Dazu gehört, dem Singen und Spielen Raum zu
geben. Denn es ist Ausdruck der Lebensfreude. Christ zu sein und in einer
Gemeinde zu leben, muss nicht anstrengend sein, wir können lachen
und fröhlich sein, uns über die Sonne Jesus Christus freuen.
Gottes Geist schenkt uns diese Freiheit, von uns und der bösen Welt
weg zu sehen und ihn zu erkennen.
Epheser 5,20
Dankt Gott, dem Vater, zu jeder Zeit für alles
im Namen unseres Herrn Jesus Christus.
Der Dank ist nicht der Anfang, sondern das Ziel
des Tauflieds. Christus ist die Sonne. In unserem persönlichen Leben
dürfen wir wissen, worauf es ankommt, auf Christus. Wir lernen zu
begreifen, was daraus folgt. Und das mündet ein ins Danken. Die Sonne
zu spüren und zu erfahren ist nicht selbstverständlich. Sie ermutigt
uns, jetzt ganz für uns den Dank zu formulieren, wo Jesus es in unserem
Leben hell gemacht hat.
Cornelia
Trick
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