Beziehungspflege (Matthäus 6,1-34)
Gottesdienst am 4.3.2018 in Brombach

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
vor drei Wochen saß ich in einem Vortrag. Es ging darum, wie wir Freiräume in unserem Leben für Gott einräumen konnten. Die Referentin begann mit einem ganz normalen Tag in ihrem Leben, gehetzt unterwegs, quengelnde Kinder auf der Rückbank des Autos, ständige Beschallung. Völlig erschöpft kam sie zuhause an und stellte fest, dass es so nicht weitergehen konnte. Wie sie ihre Situation beschrieb, fühlte ich mich voll ertappt. Zwar quengeln keine Kinder mehr auf der Rückbank, aber ich kenne diese Antreiber nur zu gut, die einen nicht zur Ruhe kommen lassen und ständig beschäftigt halten. Als wir uns nach dem Vortrag über das Gehörte unterhielten, stellte ich fest, ich war nicht allein, vielen ging es genauso.

Ist es gut, dass wir nicht zur Ruhe kommen? Lässt sich Gott erleben, wenn wir ihm die Zeit einräumen, die wir am Automaten zum Lösen eines Fahrscheins brauchen? Sollte Gott uns mitten im Trubel ein wunderschön verpacktes Geschenk vor die Nase halten, würden wir die Muße haben, es auszupacken?

Leider genügt es ja nicht, einen guten Vortrag zu hören, die Umsetzung muss folgen, und die ist schwer. 

Jesus sammelte seine Freunde und Neugierige um sich auf einem Berg fernab des Alltags. In anderer Umgebung ermöglichte er ihnen einen neuen Blick auf ihr Leben, aber auch auf ihn. Ins Zentrum seiner Berg-Unterhaltung mit seinen Jüngern stellte er die Beziehungspflege. Eine gesunde Beziehung zu Gott schützt davor, sich im Alltag zu verlieren und den Weg zu verfehlen, der hinter Jesus herführt.

Ich stelle mir vor, Jesus lädt uns zu einem Wellness-Tag ein. Er will unser Herz berühren, uns seine Liebe spüren lassen. Er will unsere gehetzten Seelen und verkrusteten Lebensgeschichten in seine Nähe holen und uns Lust zur Veränderung machen. Er zeigt uns Übungen auf, die uns leicht und selbstverständlich Jesus erfahren lassen.

Matthäus 6,1-18 in Auswahl
Hütet euch: Stellt nicht vor den Menschen zur Schau, was für ein frommes Leben ihr führt. Sonst habt ihr keinen Lohn mehr zu erwarten von eurem Vater im Himmel. Wenn du also einem armen Menschen etwas gibst, häng es nicht an die große Glocke! So verhalten sich die Scheinheiligen in den Synagogen und auf den Straßen, damit die Leute sie bewundern. Amen, das sage ich euch: Sie haben damit ihren Lohn schon bekommen.
Wenn ihr betet, macht es nicht wie die Scheinheiligen: Sie stellen sich zum Beten gerne in den Synagogen und an den Straßenecken auf – damit die Leute sie sehen können. Amen, das sage ich euch: Sie haben damit ihren Lohn schon bekommen. Wenn du betest, geh in dein Zimmer  und verriegel die Tür. Bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist. Und dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird dich dafür belohnen. 
Wenn ihr fastet, macht kein leidendes Gesicht wie die Scheinheiligen. Sie vernachlässigen ihr Aussehen, damit die Leute sehen, dass sie fasten. Amen, das sage ich euch: Sie haben damit ihren Lohn schon bekommen! Wenn du fastest, salbe deinen Kopf und wasche dein Gesicht! Und dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird dich dafür belohnen.«

Jesus spricht drei Übungen an, die wir durchaus kennen und erwarten. Man könnte sie so verstehen: Gott verlangt von uns Opfer, also spenden wir. Er will unser Leben bestimmen, also sollten wir beten und auf seine Weisungen hören. Er will das Wichtigste im Leben sein, deshalb fasten wir, um alles, was uns von ihm ablenkt, zu meiden.

Doch schauen wir genauer hin, öffnet uns Jesus den Horizont. Diese Verhaltensweisen sind keine Instrumente, um Punkte bei Gott zu sammeln. Wir haben keine Treuepunkte-Karte, für die wir pro Fastentag oder pro Spende einen Treuepunkt bekommen. Bei genügend Treuepunkten winkt eine Prämie, eine Gebetserhörung oder der Freifahrtschein in den Himmel. Nein, Jesus redet hier von Beziehungspflege. Denn ganz im Geheimen, ohne dass die anderen etwas davon mitbekommen müssen, geht es nur um eine Zeit mit Gott.

Geben
Ich gebe, weil ich dankbar für alles bin, was mir Gott geschenkt hat. Mein Leben ist dadurch so voll, dass ich weitergeben kann.

Ich gebe, weil ich Gott vertraue. Was ich dem Bedürftigen schenke, wird mir nicht die Lebensgrundlage wegnehmen. Gott sorgt auch für mich, er lässt mich nicht verhungern.

Ich gebe, weil ich Gottes Willen zu meinem mache. Wie er das Elend ansieht und hilft, so fällt mir das Elend anderer auch aufs Herz und motiviert mich zum Handeln.

Beten
Jesus konzentriert sich hier auf eine ganz persönliche Begegnung mit Gott. Er malt eine Auszeit vor Augen, einen Stille-Raum mitten in einem geschäftigen Alltag. Da haben nur Gott und ich Platz. Es geht um seine Sicht auf mein Leben und um meine Anliegen, die ich ihm sage. Vielleicht wie bei einem Telefongespräch, wo man den Hörer ins andere Zimmer mitnimmt, damit keiner zuhört.

Jesus redet hier nicht von Gebetsgemeinschaften, auch die haben ihren Sinn. Im Stille-Raum brauchen wir manchmal Verstärkung, Ermutiger, Ideengeber, Mitbeter. Aber Jesus hält uns durchaus den Spiegel vor Augen. Manche Gebete spulen wir ab, wir nehmen uns nicht die Zeit, den Telefonhörer mit ins andere Zimmer zu nehmen. Wir sprechen ein paar Sätze Gott auf den Anrufbeantworter und sind froh, wenn er keine Rückfragen stellt.

Fasten
Fasten hat hier die Bedeutung, dass wir frei für Gott werden. Wir schaffen uns im Kopf und im Bauch Freiraum von unseren Gedanken und Gewohnheiten. Durch Mangel werden die wichtigen Dinge in unserem Leben neu sortiert. Unsere Seele kann sich regenerieren, wenn wir weniger Dinge, Termine und Projekte am Laufen halten.

Sehr viel wird sich in unserem Leben tun, wenn wir das Wellness-Programm Jesu eine Zeit lang konsequenter leben, abgeben von unserer Fülle, uns die Zeit gönnen, mit Gott zusammen zu sein und unsere Lebensführung verschlanken.

Jesus bietet nun die konkrete Anwendung für unsere Erfahrungen mit diesen geistlichen Übungen. Er nennt zwei Themen: Geld und Sorgen. Beides zeigt nach Jesu Aussagen, wie weit wir Gott vertrauen können.

Matthäus 6,19-32 in Auswahl
»Häuft keine Schätze auf der Erde an – wo Motten und Würmer sie fressen und wo Diebe einbrechen und sie stehlen. Sondern häuft euch Schätze im Himmel an – wo weder Motten noch Würmer sie fressen und wo keine Diebe einbrechen und sie stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein.
Darum sage ich euch: Macht euch keine Sorgen um euer Leben – was ihr essen oder trinken sollt. Oder um euren Körper – was ihr anziehen sollt. Ist das Leben nicht mehr als Essen und Trinken? Und ist der Körper nicht mehr als Kleidung?
Macht euch also keine Sorgen! Fragt euch nicht: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen? Um all diese Dinge dreht sich das Leben der Heiden. Euer himmlischer Vater weiß doch, dass ihr das alles braucht.

Geld dient zur Absicherung des Lebens. Es ist wichtig, um den Alltag zu gestalten, genug zu essen kaufen zu können und den Rücken frei zu haben. Wir sind eben doch keine Lilien auf dem Feld, die nichts brauchen außer Erde, Wasser und Sonne. Wir sind auch keine Vögel, die den ganzen Tag Zeit haben, um ihre Würmer zu finden. Kümmern müssen wir uns um unser Auskommen.

Geld kann für uns auch eine Bestätigung sein. „Das haben Sie gut gemacht!“, sagt der Chef und verbindet es mit einer Lohnerhöhung. Der monatliche Gehaltszettel sagt mehr, als dass wir unsere Miete zahlen können. Er zeigt uns, dass wir wichtig und gebraucht sind und das von der Firma und unserem Arbeitgeber anerkannt ist.

Geld gibt uns die Chance, Anderen Gutes zu tun. Wie beglückend ist es, jemand ein Geschenk zu machen, einer etwas zu finanzieren, das sie allein nicht bezahlen kann, mit der Spende eine wirklich gute Aktion zu unterstützen.

Jesus hatte sicher nichts gegen diese Sicht auf Geld. Aber er nahm wohl schon damals wahr, das Geld zu einem Gott werden kann, der das Leben bestimmt. Am eindrücklichsten hat das für mich Walt Disney in der Figur des Dagobert Duck eingefangen – jeden Tag badet er in seinem gespeicherten Geld, nichts ist ihm wichtiger, als Geld beisammen zu halten und mehr davon zu bekommen, seine Mit-Enten benutzt er, um seinen Reichtum zu vergrößern.

Übertragen auf uns bedeutet es:

  • Die Gedanken kreisen um Geld, Vermehrung, Anlage, Angst vor Verlust.
  • Ich beurteile Menschen nach ihrem Vermögen und umgebe mich mit solchen, denen Geld wichtig ist.
  • Ich gehe davon aus, dass mir mein Geld zusteht, ich es verdient habe im Gegensatz zu anderen, die selbst schuld sind, wenn sie arm bleiben.
  • Ich bin nicht freigiebig, meine Mitmenschen würden mich als geizig bezeichnen.
  • Ich fühle mich mit Geld sicher, Geld dämpft meine Lebensangst.
  • Wenn mein Geld weg ist, bricht meine Welt zusammen.
Was hilft in Jesu Augen? Wohl seine geistlichen Übungen:
  • Geben, mich vom Geld trennen und es anderen Projekten, konkreten Menschen, Gott zukommen lassen. Wer von sich weiß, dass ihm das nicht schwerfällt, hat sicher keine Probleme mit dem Thema. Wer aber ehrlich gegenüber sich selbst feststellt, dass ihm die Projekte immer zu unsolide wirken, er Angst hat, sein Geld zum Fenster rauszuwerfen, der braucht Jesu Unterstützung. Das geschieht am einfachsten im
  • Gebet. Zeit mit Gott zu verbringen, über ein Bibelwort beim Spazierengehen nachdenken, ein Kapitel der Bibel studieren, Lieder singen oder hören öffnet für Gottes Gegenwart. Da bekomme ich einen neuen Blick darauf, dass mein Leben unverdient ist, mein Geld nicht meine Leistung, sondern zuerst Geschenk Gottes ist. Dass mein Fundament niemals Geld sein kann, denn es vergeht.
  • Die Offenheit in der Gemeinschaft mit Gott kann unterstützt werden durch Fasten. Damit meine ich nicht zuerst, die Süßigkeiten oder den Alkohol ein paar Wochen einzuschränken, sondern eine Lebenshaltung der Bescheidenheit einzunehmen. Ich muss nicht immer mehr haben, ich muss mich nicht im Karussell des Erfolgs mitdrehen. Ich kann aussteigen, auf eine Beförderung verzichten, in Teilzeit gehen, mein Freizeitprogramm abspecken. 
Wenn der große Zusammenbruch kommt, ist das auch auf einmal alles möglich und nötig. Warum erst, wenn ich zusammengebrochen bin?

Auch die Sorge ist ein Prüfstein, ob wir verstärkt geistliche Übungen brauchen. Kein Mensch lebt ohne Sorge. Auch Jesus sorgte sich und sorgte für seine 12 Jünger drei Jahre lang und sogar über seinen Tod hinaus. Sorge ist ein Zeichen von Mitgehen, Mitfühlen, verantwortlich für den Anderen sein. Doch Sorge wird zur Schlinge, die den Hals zuzieht, wenn sich mein Leben nur noch um Ängste dreht:

  • Angst ums Leben
  • Angst um meine Lieben
  • Angst um die Zukunft der Welt
  • Angst vor meinem Versagen.
Das alles haben wir nur zum Teil selbst in der Hand, unsere Ängste ändern nichts. Wir sind abhängig von Dritten, abhängig von der Großwetterlage und von Zufällen.

Jesus sagt, wir können diese Sorgen loslassen und vertrauen, dass Gott unser Leben sieht und uns in seiner Hand hält. Er ist der Gute Hirte, der uns auch durch tiefe Täler führt.

Geistliche Übungen helfen:

  • Geben: Mein Bestes will ich geben, dass Leben gelingt.
  • Beten: Auszeiten will ich nutzen, aufatmen, Sorgen mit anderen teilen, dass sie leichter werden, das Gute und die Fürsorge Gottes wieder neu wahrnehmen.
  • Fasten: Meinen Lebensstil ausdünnen, meine Baustellen reduzieren, nicht überall dabei sein müssen und nicht zu viel Zeit mit Zunkunftsplanung zubringen, sondern Gott vertrauen.
Es hilft, einen Schritt zur Seite zu treten und meine Ängste von außen wahrzunehmen. Da werden sie oft viel kleiner. Statt zu grübeln, ein gutes Buch lesen, statt allein mit den Ängsten zu bleiben, Freunde besuchen. Statt verkrampft vor dem Fernseher zu sitzen, einen entspannten Spaziergang machen und die Gemeinde treffen.
Ausgangspunkt für das Entdecken von Jesu genialen Übungen, um mit ihm unterwegs zu bleiben, war die Wahrnehmung, dass man in der Tretmühle des Alltags leicht die Verbindung mit Gott verliert.

Jesus bietet Hilfe an und er gibt uns abschließend einen wichtigen Hinweis:

Matthäus 6,33-34
Strebt vor allem anderen
nach seinem Reich
und nach seinem Willen –
dann wird Gott euch auch das alles schenken.
Macht euch also keine Sorgen um den kommenden Tag –
der wird schon für sich selber sorgen.
Es reicht, dass jeder Tag seine eigenen Schwierigkeiten hat.

Cornelia Trick


Home


Verantwortlich Dr. Ulrich Trick, Email: ulrich@trick-online.de
Internet-Adresse: http://www.predigt-online.de/prewo/prewo_beziehungspflege.htm